Predigt anläßlich des Pfarreinsatzes in Niederweningen am 2. September 2012

Pfr. Mathias Rissi

 

Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn.  1. Kor 1, (18-)31

 

Liebe Gemeinde

Es ist für mich eine große Freude, bei Ihnen heute offiziell den Dienst als Pfarrer aufzunehmen. Sie haben mir so viel Vertrauen und Geduld entgegengebracht. Der Bericht im Zürcher Unterländer hat gewiß auch viele Erwartungen geweckt –  na, Papier ist geduldig. Jetzt wird es ernst – aber hoffentlich fröhlich! Denn das Evangelium will ja uns Menschen froh und hoffnungsvoll machen!
Einer meiner ersten Besucher schaute die Kirche an und meinte: Das ist mal etwas, das man versteht: Jesus Christus gestern heute und derselbe in Ewigkeit. – Ja, das ist eine ganz zentrale Botschaft. Dieses Wort über den Anfang der Amtszeit in Niederweningen zu stellen, das wäre sehr treffend. Aber das habe ich, ohne vom Spruch hier zu wissen, ich beim Abschied in Meilen getan. Darum wählte ich für heute einen andern und doch verwandten Vers aus der Bibel.

Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn.  1. Kor 1, (18-)31

Laßt mich dazu mit einer Anekdote beginnen: Müller, der alte Säufer, begegnet dem Pfarrer: «Herr Pfarrer, ich habe von Ihnen und mir geträumt.» - «Was?», der Pfarrer rümpft Nase, denn der Müller hat wieder eine Fahne. Müller fährt fort: «Ich habe geträumt, wir wären beide zusammen gestorben und auf dem Wege in den Himmel.» – «Was?», fragte der Pfr. ironisch:
«Du auch?» – «Ja, auf dem Weg in den Himmel. Auf beiden Seiten des Weges war ein Graben. Der Graben rechts gefüllt mit Honig, der Graben links mit Gülle. Weg wurde nun immer steiler und immer enger. So kam es, daß wir beide stürzten und in den Graben fielen, Sie, Herr Pfarrer, in den Graben mit Honig, und ich in den Graben mit Jauche.» - «Na», meinte der Pfarrer froh, «dann hat es wohl den Richtigen getroffen.» -  Der Müller fährt fort: «Dann kamen wir so bei Petrus an der Himmelstür an. Der sah de Bescherung und sagte: ’So kann ich euch beide nicht herein lassen.  Erst einmal müßt ihr euch gegenseitig ablecken!’»
Recht geschieht dem eingebildeten Pfarrer.

Ihr habt gelacht! Das ist gut so, denn damit geben wir unsere Schwächen zu. Wir lachen dabei ja immer auch ein bißchen über uns selber.
Das ist nicht selbstverständlich: Wenn ein brenzliges Überholmanöver  grad noch gut gegangen ist: wie rasch denkt man da nicht «Gott sei Dank», sondern «Super, hab ich doch gut hingekriegt!» - Wir müssen uns immer wieder bestätigen und beweisen - bis wir vor Honig oder Gülle triefen.

Dabei hat die Anekdote nicht unrecht: die Himmelstür steht offen
Gott nimmt uns, wie wir sind. Wir brauchen nichts vorzuspielen oder uns abzuschlecken – denn Er hat’s getan!
So hat Gott auch die Korinther reingewaschen und von ihrer Schuld erlöst. Sie haben gehört, dass Jesus Christus am Kreuz für alle Welt gestorben ist. Sie haben erfahren, dass Gott sie, die einfachen, schlichten und armen Menschen vom Hafenviertel von Korinth ohne Vorbedingung akzeptiert. Sie haben sich daraufhin taufen lassen.

Sie wüßten es eigentlich, und doch muß Paulus es ihnen wieder einschärfen: Er bringt es auf den Punkt: Das Zentrum ist das Wort vom Kreuz: Das Wort vom Kreuz ist zwar denen, die verloren gehen, eine Torheit; uns aber, die gerettet werden, ist es eine Kraft Gottes.(Vers 18)

Bloß dieses Wort vom Kreuz trifft auf Widerstand!
Paulus nennt zwei Typen von Gottessuchenden: die «Juden» und die «Griechen» (Verse 22-23)
Die «Juden» repräsentieren den Typus Mensch, dem die Heiligkeit nicht genug hoch stehen kann und die «Griechen» jenen, der mit Vernunft, Weisheit und mit Grübeln ans Ziel aller Ziele kommen will. Sie beide verwerfen Jesus. Warum? Die einen, weil ein gekreuzigter Christus seinen Heiligenschein verloren hat, die andern, weil es nicht der philosophischen Rede von Gott entspricht, dass er leiden und sterben könnte. Darüber hinaus ist ihnen unsympathisch, sich ausgerechnet auf diese Linie festzulegen, denn jede Entscheidung für etwas, ist eine Entscheidung gegen alle andern faszinierenden Möglichkeiten.
Wer nicht weiß, wie hoffnungslos verloren er ohne Gott ist, dem tönt das wie leere Worthülsen und dummes Gerede.
Beide Typen sind auch gegenwärtig stark vertreten. Wohin führt ihr Weg?
Wer die absolute Wahrheit sucht, wird nie sich auf etwas festlegen können, aus Angst etwas nicht berücksichtigt zu haben. Während auf der andern Seite alle herrliche Heiligkeit wird zur Scheinheiligkeit pervertiert. Wir haben das schon öfter erfahren, daß Frömmigkeit, die zum Dünkel wird, genau so klebrig ist oder zum Himmel stinkt, wie überhebliche Besserwisserei.

Der Apostel blickt ins Hafenviertel von Korinth: «Schwestern und Brüder, betrachtet eure Berufung! Da sind nur wenige gebildete Leute, wenige Leute mit Einfluß oder Ansehen unter euch.» (Vers 28) Dieser erbärmliche und armselige religiöse Haufen im Hafenviertel von Korinth ist ein Hinweis auf Gottes Macht: aus solchen kümmerlichen Gemeinden ist das Christentum entstanden.
Aber genau so ist Gottes Handeln: «Sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er zuschanden mache, was stark ist; und das Geringe vor der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist» (Verse 27f)

Ganz grundsätzlich hat sich die Macht Gottes unerwartet in dem Schwachen gezeigt: in Jesus Christus, dem Gekreuzigten! Er hat nicht Recht behalten – sondern den andern Recht gegeben, der Zimmermann aus Nazareth, der wie Verbrecher am Kreuz gestorben ist.
Ja, die Macht Gottes zeigt sich am Kreuz von Golgatha: dort stirbt Jesus ohnmächtig am Kreuz, und er wird doch ewig leben und herrschen!

So hat Gott auch die Schwachen –  uns Schwache – im Blickwinkel: Und ich will dich, so wie du bist! Gerade nicht dort, wo du ein Tausendsassa bist, sondern wo aus den Ritzen deiner Schwächen die Gnade Gottes leuchtet.
Aus solchen Menschen wachsen lebendige Gemeinden. Paulus führt das ja im Folgenden dann detailliert aus: er zeichnet das Bild von der Gemeinde als Leib Christi, wo jeder und jede genau das sein soll, was wir sind.

Wir können doch nur Gott danken für den Glauben, dieses Feuer – klein oder groß – das uns hilft, die Tage zu meistern.
Darum: «Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn»Oder wie Jörg Zink diesen Vers in heutiges Deutsch übertragen hat: «Wer etwas Gutes an sich entdeckt, soll sagen: Ich habe es nicht von mir, der Herr hat es mir gegeben.»
Amen

 

 

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Evang.-ref. Kirchgemeinde Niederweningen