21. Mai 2006  - Gospel-Gottesdienst mit den Sensational Nightingales im Rahmen der Meilemer Jazztage Predigt Pfr. Mathias Rissi   Gal 5,14; Lukas 10,29-37 Luk 10,25-37 Was muß ich tun um des ewige Leben zu ererben?

Denn das ganze Gesetz ist in  e i n e m  Wort erfüllt, in dem: "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!" Galater 5, 14
und das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Lukas 10,29-37

 

Liebe Gemeinde

 

Das ganze Gesetz ist in einem Wort erfüllt. Das volle Gesetz ist mit einem Wort umschrieben. Alles was die Menschen aus der Sicht Gottes wissen und beherzigen sollen ist in diesem kleinen Satz enthalten. Das unverkürzte Gesetz ist durch ein Wort zusammengefaßt: »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst«.

Aber, so fragen wir, wer ist denn mein Nächster? Und mancher denkt an seine Frau, oder sie an ihren Ehemann. Vor 20 Jahren war Friede, Freude, Eierkuchen. Aber heute gibt es laufend Mißverständnisse, Spannungen und Krach. Andere denken an ihre Tochter. Als Erstgeborene war sie der Stolz der Familie. Aber mit 17 packte sie die Koffer und zog aus. Nur so konnte wieder Frieden einziehen. Manche denken an einen Freund. Vor Jahren wurden Wochenenden gemeinsam geplant, Ferien und Skitouren gemeinsam genossen und abends bis in die Morgenstunden tiefe Gespräche geführt. Aber inzwischen hat er sich irgendwie anders orientiert. Da ist nichts mehr vom Vertrauen und der Tiefe geblieben.

 

Wer ist denn mein Nächster?

Jesus selbst gibt Antwort. Auf die Frage, wer denn mein Nächster sei, erzählt er die bekannte Geschichte vom barmherzigen Samariter. Einer ist auf der Straße von Jerusalem nach Jericho unter die Räuber gefallen. Weh dem Menschen, der unter Menschen fällt. Halbtot ist er, nur noch ein Häuflein Elend, über dem die Geier kreisen. Da gibt es einen Satz, den die meisten Menschen heute vorwärts und rückwärts buchstabieren können, so wichtig kommt er daher, der Satz »Jeder ist sich selbst der Nächste«. Aber der bringt dem Überfallenen gar nichts. Gewiß hat er versucht, sich aufzurappeln. Aber seine Kräfte haben versagt, sie reichen nicht mehr. Ja, immer sind wir verlassen, wenn wir uns auf uns selbst verlassen. Jeder ist sich selbst der nächste – nein, vergiß es!

 

Auch der andere Satz: „Jeder ist des anderen Nächster“ klingt wie Hohn an sein Ohr. Ja, das wäre etwas, wenn die Vorüberkommenden ihm hülfen. Aber beide, ein Priester wie auch ein Levit (Tempeldiener) machen einen großen Bogen um ihn herum und marschieren weiter. Für das Elend vor den Augen fehlt ihnen jeder Blick. Vielleicht wollen sie es auch gar nicht sehen – sie gehen vorüber. So bleibt der Überfallene hilflos am Straßenbord liegen. Wenn du dir nicht selber helfen kannst und wenn andere auch nicht helfen können oder wollen, dann Gnade Gott. Der Tod bleibt der einzige Erlöser.

 

Deshalb bringt auch das Eselsgetrappel keinen Ruck mehr in den matten Körper. Auch der mit dem Esel wird vorübergehen. Was soll der Mann auf dem Esel? Seine Armut blitzt aus allen Knopflöchern. Was will der Mann auf dem Esel? Samariter sind Ausgestoßene und Beschimpfte. Was kann der Mann auf dem Esel mehr, als andere können? Der Überfallende möchte rufen: »Steig herab, aber du kannst ja nicht! – aber du kannst es ja nicht der Abstand zwischen uns ist zu groß«  – Und dann passiert es. Der Samariter kann. Er sieht das Elend. Er steigt herab zu dem Armen. Er gießt Öl auf die Wunden. Er flößt dem Überfallenen Wein ein zur Stärkung. Er hebt ihn auf. Er trägt ihn. Er sorgt für ihn. Er besorgt ein Pflegebett und übernimmt die Kosten. Er zahlt mit seinem Geld. Er verspricht wiederzukommen. Dieser Samariter ist der Lebensretter, der Liebesbringer, die Barmherzigkeit in Person.

 

Und dieser barmherzige Samariter ist kein anderer als Jesus selbst. In dieser Gestalt und Uniform sollen wir ihn wiedererkennen. Nicht hoch zu Roß sondern Reiter auf einem Esel kommt er auf dieser verlorenen Erde daher. Aber kein Ruck geht durch unsere müden Knochen. Was soll der Mann auf dem Esel? Arm ist er und ohne Macht und Einfluß. Was will der Mann auf dem Esel? Nazarener sind Ausgestoßene und Beschimpfte. Was kann der Mann auf dem Esel mehr, als andere können? Steig herab, so bist du Gott, aber du kannst es ja nicht – denn wie sollte der ewige und allmächtige Gott sich um das Häufchen Elend, das ich bin, kümmern? – Dann passiert es: Jesus kann. Er sieht unser Elend. Er steigt herab zu uns Armen. Er erfüllt den 23. Psalm: »Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir den Becher voll ein«. Er hebt mich. Er trägt mich. Er sorgt für mich. Er übernimmt meine Kosten. Er zahlt mit seinem eigenen Leben. Er kommt wieder. Dieser Jesus ist der Lebensretter, der Liebesbringer, die Barmherzigkeit in Person.

 

Gewiß haben wir in den vergangenen Jahrhunderten diese Geschichte immer wieder anders gehört. Wir haben sie so verstanden, als ob Jesus sagen wollte: Mach es im Leben wie der Samariter, der nicht fragt nach sozialen oder rassischen Unterschieden, sondern der einfach hilft, ach wenn es vielleicht seinen Terminkalender stört.  Und seien wir ehrlich: das ist doch wirklich eine Stärke unserer christlichen Kultur, daß sie Barmherzigkeit und Nächstenliebe so hoch schätzt und fördert. Aber der Ehrlichkeit halber wollen wir doch die abschließende Frage heute ganz ernst nehmen. Jesus fragt den Fragesteller zurück: Wer von diesen dreien, meinst du, ist der Nächste gewesen dem, der unter die Räuber gefallen war? (Lukas 10,36)

Er will unsere Optik umkehren und sagen: Vielleicht bist Du ein solcher Geschlagener. Wer wird dir helfen? Laß dir helfen!

Kein anderer als Jesus ist unser Nächster. Auf ihn kommt alles an. Jesus Christus ist die alles entscheidende Größe. Das ganze Gesetz ist in ihm erfüllt. Das volle Gesetz ist mit ihm umschrieben. Das unverkürzte Gesetz ist durch ihn zusammengefaßt. »Jeder ist Jesu Nächster«. Also nicht im Priester sollen wir uns wiedererkennen, der einen Bogen um das Elend schlägt. Es gäbe zwar Grund genug dazu, wie oft verschließen wir die Augen vor dem Elend am Straßenbord unseres Lebens und beschleunigen unsere Schritte… und haben dann – wenigstens die Sensibleren unter uns – ein etwas schlechtes Gewissen. Aber nein, auch nicht im Leviten sollen wir uns sehen. Nicht einmal im Samariter sollen wir uns wiedererkennen, der seinen Vierbeiner zur Ambulanz umfunktioniert und dann noch die Krankenkassenprämie und den Selbstbehalt für den Geschlagenen ohne Zögern finanziert. Nicht im Gastwirt sollen wir uns wiedererkennen, der den Notfall übernimmt und gegen Vorauszahlung die Pflege übernimmt. Nein: Im Geschlagenen sollen wir uns sehen. Im Verletzten sollen wir uns wiederfinden. Im Verwundeten kommen wir in der Geschichte vor, in jenem einsamen Menschen zwischen Jerusalem und Jericho, der von der Frage umgetrieben ist: Wer ist denn mein Nächster?

Die klare und eindeutige Antwort heißt: Jesus. Und den sollen wir auch nicht vorüberziehen lassen. Ohne ihn haben die Geier leichte Beute. Die Bibel weiß das seit zwei Jahrtausenden. Heute weiß auch jeder Psychotherapeut: Helfen kannst Du nur, wenn Du Dir helfen lassen konntest!

Genau so bringen heute alle Gospels der Nightingales den Namen Jesu zum Leuchten. Auch sie wollen sagen: Gib den Geiern keine Chance! Leben, das diesen Namen verdient, kannst Du nur, wenn Du die Hilfe Jesu, deines Nächsten, annimmst.

Amen.

 

Pfr. Mathias Rissi

 

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