7. Mai 2017 ...nach dem Bilde Gottes Pfr. Mathias Rissi, Niederweningen Gen 1,26-28
Und Gott sprach: Lasset uns
Menschen machen nach unserem Bilde, uns ähnlich; die sollen herrschen über die
Fische im Meer und die Vögel des Himmels, über das Vieh und alles Wild des
Feldes und über alles Kriechende, das auf der Erde sich regt. Und Gott schuf den
Menschen nach seinem Bilde, nach dem Bilde Gottes schuf er ihn; als Mann und
Frau schuf er sie. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und
mehret euch und füllet die Erde und macht sie euch untertan und herrscht über
die Fische im Meer und die Vögel des Himmels, über das Vieh und alle Tiere, die
auf der Erde sich regen!
Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.
1. Mose 1,26-28 und 31
Liebe Gemeinde
Vieles in diesem
Schöpfungsbericht wiederholt sich wie in einem Lied. Die Strophen beginnen mit
»Gott sprach… und es geschah« und sie enden im Kehrvers: »und Gott
sah, daß es gut war«
Zum Schluß aber verläßt der Schöpfungslobpreis seinen Rhythmus:
Es beginnt
schon damit, daß Wort und Tat Gottes nicht einfach eins sind, sondern Gott
zuerst
sozusagen laut denkt: »Laßt uns Menschen machen…«
Weiter heißt es von
keinem andern Geschöpf außer dem Menschen, »als unser Bild«… »Und Gott schuf
den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau
schuf er sie.… Macht euch die Erde untertan! – und siehe, es war sehr gut!«
Die Menschen, die vor 2500 Jahren diesen Schöpfungspsalm schufen, sie haben
deutlich gespürt, daß der Abglanz der göttliche Ehre auf ihnen liegt, noch anders als
auf den Tieren: Das verdichtet sich im Begriff vom «Bild Gottes». Wir Menschen
sind nach dem Bild Gottes geschaffen. Wir werden zwar geboren wie die andern
Lebewesen, wir meistern unsern Weg durchs Leben, wir werden einmal sterben wie
die Pflanzen und die Tiere, aber wir sind das Bild Gottes.
Zwischen uns und Gott besteht ein besonderes Band. Dieser Bund kommt auch in der
Taufe zum Ausdruck. Wir sind Gottes Gegenüber. Wir sind seine Stellvertreter,
von ihm beauftragt, nicht nur für uns und unsere Spezies zu schauen, sondern in
seinem Namen Verantwortung für die Schöpfung zu tragen, zu herrschen! Das wird
von keinem Tier und keiner Pflanze gesagt. Bei denen ist es anders: Die Sonnenblume dreht sich nach der
Sonne, ohne bewußt zu wählen. Die Tiere markieren und verteidigen ihr Revier
instinktiv.
Anders der Mensch:
Bild Gottes – wir sind das Abbild seiner Verantwortung in menschlichen Grenzen.
Bild Gottes – wir sind das Abbild seiner Liebe. Wir leben sie in Beziehungen!
Darauf weist schon im Predigttext die Erwähnung von Mann und Frau.
Bild Gottes – wir sind das Abbild seiner Kreativität: wir pflegen die Sprache.
die Musik und die andern Künste zeugen davon.
Es könnte einem schwindlig werden ob dieser herausragenden Stellung des
Menschen. – Leider landen wir alle sehr rasch wieder auf dem harten Boden der
Wirklichkeit. Im Schöpfungsbericht hieß es noch:
und siehe, es war sehr gut
Sehr gut? – Wir können gewiß sagen, daß der Mensch es unerhört weit gebracht
hat mit seinem
»Herrschen«
und »die
Erde untertan Machen«
– bis hin zur Frage, ob am Leben herummanipuliert werden solle und Entdeckungen
bei der Forschung an Stammzellen patentiert werden dürften.
Wir haben unsere Mühe mit den hohen Erwartungen. Manchmal wissen wir gar nicht
recht, wie richtig zu entscheiden sei. Oder wir entscheiden nach bestem Wissen
und Gewissen – und stellen bestürzt fest, daß alles falsch herauskommt.
Nun läßt es aber Gott
nicht bei der Schöpfung bewenden. Gott schafft den Menschen nach seinem Bilde:
Christus!
Obwohl wir es also manchmal gar nicht verdienen Mensch genannt zu werden, weil
unser Abbild Gottes so verzerrt ist, redet der Glaube vom Menschen. Im Neuen
Testament wird einer sogar als «der Mensch» vorgeführt. Sie erinnern sich:
Pilatus führt der Menge den gepeitschten und dorngekrönten Jesus vor: »Seht
da, den Menschen!« (Johannes 19,5). Er erkennt dabei gar nicht die tiefe
Wahrheit seiner Worte. Denn in Jesus Christus begegnet uns der Mensch, wie Gott
ihn sich vorstellt, wie er sich auch uns vorstellt. Aber Gott schickt Jesus
nicht zu uns, damit wir sehen, wie klein wir herauskommen, daß wir es ja doch
nie schaffen, so Mensch zu sein wie Jesus es uns vorgibt. Er schickt ihn zu uns,
weil er den Gestrauchelten aufhilft, weil er dem Schuldigen vergibt, weil er zu
jedem Menschen sagt: »Gott hat etwas in dich hineingelegt, etwas, das reicht,
ein ganzes Leben lang in Beschlag zu nehmen, es soll aufgehen, ein ganzes Leben
lang.« Gott hat Christus zu uns geschickt, damit wir das entdecken, damit wir
uns nicht vor lauter schlechtem Gewissen vor Gott verschließen, damit wir nicht
aus dem Paradies vertriebene Menschen seien, sondern wissen, daß Gott einen
neuen Anfang der Liebe mit uns macht.
Es ist gut, diese Worte nicht nur zu hören, so wie es gut ist, über Liebe nicht nur zu sprechen, sondern einander ein Zeichen der Liebe zu geben. Ein solches Zeichen haben wir in unserem Gottesdienst in der Taufe gefeiert. Sie ist das Zeichen, daß Gott uns zutraut, daß wir Sorge tragen zu den uns anvertrauten Menschen und Tieren, besonders auch zu den Kindern. Und die Taufe ist zugleich das Zeichen, daß Gott neu anfängt mit uns. Indem Gott zu uns ja sagt, schenkt er uns in seiner Liebe zum Vertrauen hinzu auch die Vergebung. Gerade, weil er weiß, was uns fehlt. Die Taufe erinnert uns daran, daß nicht die nackten Tatsachen im Leben zählen: Nicht das, was wir alles leisten können, ist allein schon alles gewesen. Bei Gott ist es eben anders: Sein Reich und das, was er in uns hineinlegt, und was er tun will, das gibt uns Hoffnung. Das nährt unsere Kraft, uns auf das Ziel hin auszustrecken.
So wollen wir unterwegs sein und diesen Anspruch Gottes hören: «Ich habe mit dir etwas vor: du sollst herausfinden, was ich mit dir vorhabe, sollst es zum Blühen bringen, sollst ihm Gestalt geben, sollst spüren, daß ein Abbild Gottes in Beziehung treten kann zu andern Menschen und zu Gott, und du sollst aus diesen Beziehungen Kraft empfangen.» So hat Gott Liebe, Schaffenskraft und Phantasie in uns gelegt. Als Gemeinde wollen wir uns fröhlich dazu bekennen, zueinander und zu Gott stehen und nicht vergessen, daß er sich zu uns bekennt und uns hilft, jeden Tag neu. Amen
Pfr. Mathias Rissi
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