Ufwindpredigt, 10. Mai 2003,  Pfr. Sabine Stückelberger

 

Jeremia 17,7-8

 

Liebi Gmeind!

 

im letschte Winter hät emal en Sturm bi eus im Pfarrhuusgarte en chliine Biirebaum umgno. Er hät eigentli scho länger sehr mickrig usgseh und nöd rächt welle wachse und so häts eus nöd verwundered, won er amene Morge de Längi na am Bode gläge isch. Ich han en welle uf d Siite ruume, aber will er a de Wurzle nonig ganz abbroche gsi isch, han ich en ligge glah und dänkt, ich ruumi en dänn im Früehlig ewäg.

 

Aber de mickrigi Birebaum, vom Sturmwind gfällt, hät nöd ufgeh. Im Früelig hät er zu eusere Überraschig zmitts im Gras usgschlage - und er hät blüeht wie no nie. Trotz sinere Verwundig hät er sini ganzi Läbeschraft ufbote und Widerstand gleischtet.

Es isch di gliichi Chraft, mit dere sich Blueme und Bäum chönd en Wäg dur de Asphalt banne bis z’letscht die härti Teerschicht ufbricht und em neue Läbe wiche muess.

Über die Läbesenergie und Dynamik chammer nur stuune; es isch es Gheimnis, womer nöd cha begriffe, und es Wunder, womer nöd sälber cha bewürke.

Vo dere Läbesenergie isch d Red imene Wort vom Prophet Jeremia, won übers Gheimnis und sWunder vo dere Chraft nadänkt, e Chraft, wo au i eus Mänsche würksam isch. Da heisst’s:

Gesegnet ist der Mensch, der auf den Herrn vertraut und dessen Hoffnung der Herr ist!

Er wird sein wie ein Baum, der an Wasser gepflanzt ist, der nach dem Bach seine Wurzeln ausstreckt. Er hat nichts zu fürchten, wenn die Hitze kommt, seine Blätter bleiben grün; auch im Jahr der Dürre bangt ihm nicht, er hört nicht auf, Früchte zu bringen.

 

Mänsche sind immer scho gern mit Bäum vergliche worde. Bäum sind ja mindeschtens so vielfältig wie mir Mänsche und gliiched eus i de Gstalt, im Wuchs oder im Charakter. Da gits Mänsche wie knorrigi alti Eiche und Linde, fescht und stark, wo für anderi chönd Schutz und Schatte spände. Anderi sind wie ne schlanki, beweglichi Tanne, wo sich de Läbes-umständ guet chönd apasse. Mänsche chönd aber au ängschtlich und empfindlich sii wie ne Zitterpapple oder e Mimose. Mängi händ e schöni glatti Huut; anderi sind harzig und ruch oder händ tüüfi Furche und Narbe. Und vieles imene Mänscheläbe bliibt im Verborgene wie s’Wurzelwerk vomene Baum.

Und no öpis Wichtigs händs gemeinsam, de Mänsch und de Baum: sie pflanzet sich nöd sälber is Läbe, es isch en anderi Chraft, wo ihres Läbe laht wachse und gedeihe und ihm en Aafang und es End setzt.

 

Im Gegesatz zum Baum vergässed das mir Mänsche nur allzu oft und meined, mir hegged euses Läbe einzig eus sälber z’verdanke: nämli eusere innere Energiequelle, em guete Nährbode vo eusere Usbildig, eusere Gschiedi und Wiisheit, won eus e stattlichi usladendi Chrone verleiht und de Frücht vom Erfolg, womer gern und stolz zeiged.

 

Mir sölled ja au öpis leischte und debii euses Beschti geh. Mer sölled eus dörfe freue, wämmer Erfolg händ und eus öpis glingt. Mer sölled hoffentli eusi Talent und Läbeschräft iisetze, dass s Läbe zum Säge cha werde für eus und anderi.

Aber wämmer bi all dem de verlügnet, won eus pflanzt hät und eus Nahrig git wienen guete Gärtner, dänn isch i eusem Läbesholz bald emal de Wurm drin oder mer tröchnet us, will eusi Wurzle i de Luft hanged.

 

S’Läbe vomene guete, schöne Baum lehrt eus ja öpis anders: es Urvertroue id Gabe, wo Gott, de Schöpfer ihm git. Nach em Wasser und em Liecht streckt er sich us, nach de Nährstoff im Bode suecht er mit jedere Wurzle und läbt vo de Luft, won ihn umgit.

Drum haltet de Jeremia fescht: gsägnet de Mänsch, wo uf sin Schöpfer vertrout mit jedere Läbesfasere. Wo sini Wurzle nach de Quelle vo Gott usstreckt und nach sinere Liebi, won in unsichtbar umgit wie d’Luft. Gsägnet de Mänsch, won d’Verheissige vo Gottes Hilf und Nöchi i sis Innerschte ufnimmt wie Nährstoff und ihn gege Stürm und Unwätter schützed. Drum gsägnet de Mensch, won em Liecht entgägewachst, au wänn sich ihm Stei und Felse entgägestelled.

Er hat nichts zu fürchten, wenn die Hitze kommt, seine Blätter bleiben grün; auch im Jahr der Dürre bangt ihm nicht, er hört nicht auf, Früchte zu bringen.

 

Wie de Mänsch brucht au en Baum sini Pause und Brachziite, woner wieder cha neue Saft und neui Chraft schöpfe und sich uf sini Läbesquelle bsinne.

Es tuet guet, wänn mir eus das immer wieder vergägewärtiget. Wer nur uf di guete Frücht, uf schnelle Output und maximali Produktion fixiert isch, de verhungered und verdurschtet irgendwänn.

 

S’Läbe vomene guete, schöne Baum lehrt eus aber no meh: er wachst ja nöd nur id Tüfi, Breiti und Höchi, sondern durläbt Jahrring für Jahrring de Frühlig, de Summer, de Herbst und de Winter: er schlaat us und triibt Chnoschpe, er blüeht und bringt Frucht, bis er alli Pracht wieder muess hergeh und nur no kahl dastaht.

Wer git da em kahle Baum d’Läbesversicherig, dass er im Frühlig wieder neu dörf ufläbe? Es isch doch au jedesmal es Wunder, wänn de Winter es End hät und s’Läbe ussschlaat i allne Grüentön und blüeht i de Farbe vom Rägeboge. Sogar no dänn, wänn en Baum tot schiint, wie dä Birebaum im Pfarrhuusgarte.

 

Da isch die gliichi geheimnisvolli Schöpferchraft am Werk wie am Oschtermorge. Au da hät Gott entgäge allem Augeschii, zmitts im Tod, neus Läbe gschaffe.

I sim Sohn Jesus Christus hät er de Tod überwunde und s toti Holz vom Chrüüz hät sich für eus in en blüehnde, immergrüene Läbesbaum verwandlet. D Verheissig vo Vergäbig und neuem Läbe: das sind d Frücht vo Gottes Liebi, und zwar Frücht, wo niemerd cha sälber produziere, sondern womer eus nur chönd schänke lah.

Drum: gsägnet de Mänsch, wo im Läbe und Sterbe uf Gott vertrout und sini Wurzle nach de Quelle vo Gott usstreckt.

 

Aber das isch nonig alles: was mich vorallem zum Stuune bringt, isch nöd i erschter Linie, wänn Mänsche sich uf ihri Läbesquelle bsinned und dademit zum Glaube finded.

Sondern ich stuune vorallem über de langi Schnuuf und d Treui vo eusem Gott. Jede vernünftigi Gärtner wär mit derigne störrische Pflänzli wie mirs sind, scho lang devogloffe.

Aber de immergrüeni Duume vo Gott und sis grosse Herz sind ebe um vieles meh als vernünftig. Drum gilt au das:

Gesegnet ist der Mensch, weil Gott noch immer an ihn glaubt und seine Hoffnung der Mensch ist.

AMEN.

 

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