24. Dezember 2008  -   Christnacht-Predigt Pfr. Mathias Rissi Lukas 2,10-12

Da sagte der Engel zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Denn seht, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird:

Euch wurde heute der Retter geboren, der Gesalbte, der Herr, in der Stadt Davids.

Und dies sei euch das Zeichen: Ihr werdet ein neugeborenes Kind finden, das in Windeln gewickelt ist und in einer Futterkrippe liegt.

Lukas 2,10-12

 

 

Liebe Gemeinde

 

Fürchtet Euch nicht! Ach ja, das ist ein ganz großes Wort in diesen Tagen, wo die Angst umgeht! Die Angst um Arbeitsplätze, die Angst vor Infla­tion, die Angst um die Altersvorsorge. Neben aller Furcht, die zu allen Zeiten ganz im privaten Leben von uns Einzelnen gegenwärtig sein kann – eine große Furcht hat den ganzen Erdball im Griff.

»Fürchtet euch nicht!« sagt der Engel in der Weihnachtsgeschichte, »Denn seht, ich verkündige euch große Freude: Euch ist heute der Heiland geboren!«

Sein Argument gegen die Furcht ist Freude. Freude ist gewiß der beste Motivator zum Leben. Wenn wir uns freuen, geht es uns gut. Darum bereiten wir zu Weihnachten einander gerne Freude mit Geschenken, Karten und feinem Essen. Und es ist beides schön: Geschenke zu machen und welche zu empfangen, bei einer Karte zu denken, schön, daß der Absender an mich gedacht hat.

Etwas Liebes schenken, aneinander denken! Das macht Freude! Und Freude weckt Mut, Lebensmut!

Es sollte eine Freude sein, die anhält, eine Freude, die sich als echt erweist. Es gibt leider genug »Freudenengel«, die nicht halten was sie versprechen. In einer großen Tageszeitung war dieser Tage nachzulesen, was die Zukunftspropheten und die Astrologinnen vor einem Jahr verkündet hatten: Große Freude – um sich eine goldene Nase zu verdienen. Sie machen jeweils in Optimismus. Sie mahnen zum Aufpassen, aber es werde schon gut kommen. Für das vergangene Jahr 2008 sind alle komplett daneben gelegen mit ihren Vorhersagen eines guten Börsenjahres und einer blühende Konjunktur. Einmal mehr! Das überrascht wohl nur die Dümmsten. Allerdings halte ich eine große Schadenfreude über die Fehlprognosen für unangebracht bei all dem wirtschaftlichen und politischen Malaise, das der globalisierten Menschheit droht.

Ja, wir wissen: Mit der Freude ist es auf dieser Welt so eine Sache. Der Volksmund sagt es klipp und klar: Des einen Freud, des andern Leid! Die Freude ist so zerbrechlich wie das Leben. Wo gibt es schon eine Freude, die allem Volke widerfährt - Das wäre eine echte Freude, die niemand ins Abseits stellt.

Die Wunden liegen nur allzu offen, nicht nur jene in Politik und Wirtschaft, auch die ganz privaten. Woher könnte Hilfe kommen? Der Ruf nach einem Retter wird laut. Ein Retter muß her! Aber nicht irgend ein Krisenmanager, der nur für kurze Zeit Ruhe schafft indem er ein Loch stopft ohne zu merken, daß ein nächstes auch schon rinnt.

Der Engel verkündet nicht irgendeinen Retter: Sondern den Retter, der mit dem speziellen altdeutschen Wort: der »Heiland« heißt! Er ist der Retter, der nicht einen Bonus verlangt. Im Gegenteil, er kommt mit einem Malus an. Das sagt uns die Geschichte von Weihnachten: Gott wird ein Kind. Ein Kind!

Vielleicht ist uns dieser Gedanke schon viel zu selbstverständlich geworden von all den schönen Krippenspielen und Geschichten.

Lassen wir ihn darum uns ganz nahe kommen: Erinnern Sie sich daran zurück, wie sie einen Säugling in den Armen gehalten haben – ihr Enkelkind oder ein eigenes, ein Patenkind vielleicht oder einen Urenkel. Erinnern Sie sich wie Sie es in den Armen geborgen oder gewiegt haben. Ein Menschlein – so nahe, uns anvertraut und ausgeliefert. Da wird mir bewußt, wie unerhört die Botschaft von Weihnachten ist: Gott - ein Baby uns anvertraut und ausgeliefert!
Aus der Sicht Gottes muß dies ein Abstieg sondergleichen sein. Wir verstehen den Satz des Apostels Paulus, Christus, den Sterblichen, den Gekreuzigten, zu verkündigen, sei den Gottesfürchtigen ein Skandal und den Philosophen eine Torheit.
[1] Wie kann Gott sich nur so herablassen!  Es ist erstaunlich: Gott will nicht Gott sein ohne uns Menschen! Wie sagt es doch Paul Gerhardt im alten Weihnachtslied:

Gott wird Mensch [2]

dir Mensch zugute.

Gottes Kind,

das verbind’t

sich mit unserm Blute.

Aus der Sicht Gottes ist es ein Abstieg, aus unserer Menschsicht aber heißt das: Gott in unmittelbarer Nähe - für uns Menschen ein Aufstieg sondergleichen.

Ein Kind in unseren Armen ist ein anvertrautes Leben. Es weckt Verantwortung fürs Leben, stärkt und ermutigt uns. Es weckt Freude zum Leben. Nun hat Gott selber sich uns anvertraut. Gott ist ein Menschenkind geworden und ist jetzt bei uns. Seither ist menschliches Leben nicht mehr das gleiche wie vorher. Unser Menschsein hat von Gott her einen ewigen Glanz bekommen.

Nun aber kommt das Wichtigste: Und alle Weihnachtsgeschichten wissen es und berichten davon, daß Menschen sich auf den Weg gemacht haben. Offensichtlich muß dieser Bewegung Gottes zu den Menschen eine Gegenbewegung entsprechen. Gottes actio weckt eine menschliche reactio.

Warum ist das so entscheidend? Es ist eben so, daß der wunderbarste Christus Dir komplett abgeht, wenn Du ihn nicht aufsuchst und annimmst.

Es ist also an uns, uns Christus anzuvertrauen und von ihm mitten in einem zerbrechlichen Leben Überfluß des Lebens geschenkt zu bekommen. Es ist an uns, an Weihnachten innerlich vor ihm niederzuknien und zu sagen: Nimm auch Du mich in deine Arme! Damit wir Menschenkinder in Gottes Armen zu Gotteskindern werden.

Dies ist die Freude, die allem Volke widerfährt durch Christus. Eine Freude, die weiß: in meinem ganzen Leben, in Freude und Glück, aber auch in Sorgen, Krankheit und Tod, kann uns niemand mehr wegnehmen, was uns durch Christus geschenkt ist: daß wir Gotteskinder und Gerettete sind.

Dies, und nichts weniger, haben seither Hunderte Millionen von Menschen erfahren. Und Gott dafür gepriesen und gedankt:

Daß wir in Jesus Christus das Leben in Fülle[3] haben, nicht erst im Jenseits, sondern mit dem Glauben, mit dem Gottvertrauen, schon hier und heute in diesem Leben und in dieser Welt mit all ihren Herausforderungen, daran halten wir uns: Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, denen, die an seinen Namen glauben. [4]

Amen


 


[1] 1. Kor 1,22f

[2] RG Lied 400,  2. Strophe

[3] Joh 10,10

[4] Joh 1,11f

 

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