20. Januar 2013  Lukas 3,1-18   -  Pfr. Mathias Rissi  Lukas 3,1-18

 

 

Die Gerichtspredigt des Täufers

 

Liebe Gemeinde

Die stehen aber bös neben den Schuhen! Eine gepfefferte Gerichtspredigt ist das. Sie kommt heute gerade recht. Sie paßt perfekt zur Diskussion um die Abzockerinitiative und eine Mahnung an die Crème de la Crème in Wirtschaft und Politik, die kommende Tage in Davos sich trifft, um die Welt zu verbessern.
Es ist offenkundig, daß etwas mit dieser Welt nicht stimmt!

Offensichtlich ist die Ungerechtigkeit ein Dauerbrenner. Minder mahnt – das Parlament mit dem Gegenvorschlag auch.

Die Kirche macht das schon lange, ja, schon vor ihr und schon vor Christus mahnten so die jüdischen Propheten.
Geschieht den Bösen ganz recht, werden einige gedacht haben. Wir hören vielleicht sogar gerne von Zeit zu Zeit eine Strafpredigt. Es tut gut, zu sagen, was recht und billig ist. Die Leute wollen das. Sie wollen wissen, »wo der Bartli dem Most holt!«
Mit drastischen Bildern zeigt’s Johannes den Leuten, der Schickeria, die da von Jerusalem durch die Wüste an den Jordan gezogen ist.
Jetzt zeigt er’s denen. Die Axt hat schon ausgeholt und zum fällenden Schlag angesetzt. Gruselig! Arm dran sind, die es treffen wird.

Aber aufgepaßt, es könnte wie ein Bumerang sein! Jene haben gemeint, Johannes predige gegen andere. Nun nennt er aber sie Schlangenbrut! Falsche Schlangen, die sich herauswinden wollen.
Wenn sie sich aufgrund der Abstammung auf der sicheren Seite wähnen – Irrtum! Gott ist nicht auf sie angewiesen. Und Abraham wäre kein verläßliches Fundament: wir erinnern an all die Geschichten, wo er versuchte mit Tricks durchzukommen.

Was verlangt denn Johannes? Ist es so schlimm: Sauber bleiben?  Zufriedenheit? Beschränkung? Ehrlichkeit? Das sind doch Ideale, die wir als Kinder eingeimpft bekamen und an unsere Kinder weitergeben.

Es fällt auf bei Lukas: Er legt Wert darauf, wer damals wo herrschte. Den andern Evangelisten war das nicht der Erwähnung wert. Lukas will uns sagen: Dieser Täufer tritt in einem Zeitpunkt der Geschichte auf und der ist der Wendepunkt.
Johannes ist nicht einer mehr in der langen Reihe der Propheten und Mahner, er ist der Letzte.
Denn er predigt Gericht nicht aus Vernichtung und Abrechnung, sondern im Blick auf den Kommenden, quasi als Vorbereitung zum gerechten, festlichen Empfang des Christus.
Johannes der Täufer ist der  letzte Prophet – nach ihm kam keiner mehr.
Johannes des Täufers Aufgabe ist, Wegbereiter zu sein.
Der Maler Matthias Grünewald hat Johannes den Täufer im berühmten Isenheimer Altar dargestellt. Johannes zeigt auf Christus. Die Hand und der Zeigefinger sind dabei so auffällig gemalt – ich kann nicht sagen »falsch«, aber eben so auffällig, daß unweigerlich klar wird Johannes ist der Wegweiser. Das ist seine Aufgabe. Er muß auf den hinweisen, der nach ihm kommt.

Wissen sie den Unterschied zwischen einem Pfarrer und einem Wegweiser? Es ist keiner - beide zeigen den Weg, aber sie gehen ihn nicht.
Johannes – geht den Weg nicht – wird ihn nicht gehen können, muß Wegweiser sein.
Dennoch bekennt Jesus: Amen, ich sage euch: Unter denen, die von einer Frau geboren wurden, ist keiner aufgetreten, der größer wäre als Johannes der Täufer.
Wie konnte Johannes so stark wirken, daß Jesus von ihm sagte, er sei der größte aller Menschen? Ich finde nur diese eine Antwort: Jesus war in seinem Leben ganz zentral, und Johannes war ganz in Tat und Wort auf Christus gerichtet.
Ich taufe euch mit Wasser; es kommt aber einer, der stärker ist als ich; mir steht es nicht zu, ihm die Schuhriemen zu lösen. Er wird euch mit heiligem Geist und mit Feuer taufen. Mit andern Worten, was ich tue, ist noch nichts im Vergleich mit dem was mein Nachfolger, der Christus tut. Ich werde zusammenpacken und ihm das Feld ganz überlassen.
Oder wie es von Johannes in Jh 3,30 Jesus muß wachsen, ich aber abnehmen.
Jesus Christus nimmt in Johannes dem Täufer allen Raum ein.

Das ist rechtes Straßen Gerademachen, Platz Freimachen, Hindernisse aus dem Weg Räumen.
Was steht bei uns im Weg? Wieviel Platz hat Jesus Christus in unserm Alltag? Wieviel Zeit nehmen wir uns für uns? Zum Schlafen, für die Toilette, fürs Essen, Kleider, Gesundheit, Hobbies…Wieviel für Christus?

Wieviel Zeit und Platz hat bei uns Jesus Christus? Wir nehmen uns gerne selber am wichtigsten und meinen, jede Chance packen zu müssen, sonst könnte man ja etwas versäumen. Trotz allen Fortschritts der Menschheit in Wissenschaft und Technik, verhalten wir uns immer noch wie die Menschen in der Steinzeit. Damals war es überlebenswichtig zusammenzuraffen, was man konnte, denn die Not war Tagesordnung. Heute ist unser Leben unendlich viel sicherer. Da wird unsere Gier zur lebensbedrohenden Gefahr für unseren Planeten. – Eigenartig, daß alles Mahnen so schrecklich wenig fruchtet und daß der Mensch von Natur aus trotz seines Verstandes kaum zu dieser Einsicht gelangt.

Für uns ist es anders geworden, als es zur Zeit Johannes des Täufers war: Christus ist gekommen, er hat uns mit Geist und Feuer getauft und zu seinen Kindern gemacht. Nicht zu Abrahams Kindern, sondern zu Gottes Kindern. Für uns ist Christus gekommen – und kommt auch täglich zu uns.

Es ist nicht mehr die Angst vor dem Gericht, die uns umkehren läßt, sondern die Freude, daß wir lieben und zugleich fragwürdigen Menschen zu Gott gehören. Daß er Gerechtigkeit schafft, indem er Gnade walten läßt und darauf vertraut, daß wir die Chance nutzen – weil er überzeugt ist, daß die Liebe heilt und nicht der Zorn. Es ist nicht mehr die Angst vor dem Tod, weil Christus selber Leid und Tod für uns ertragen hat und uns nun beisteht.

Im Geist Christi, der uns bewegt, können wir neue Prioritäten setzen, die zu seinem Kommen passen. Er will uns zu dieser Freiheit verhelfen, daß wir unser Leben ganz in seine Hand legen und ganz in seinen Dienst stellen. Dazu ließ er uns heute über Johannes nachdenken, der sagt: Christus muß wachsen, ich aber muß abnehmen. Gott, schenke uns dies durch deine Gnade! Amen

Pfr. Mathias Rissi

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