Die Flut kommt - Was «verhebt»!   -   Ufwindpredigt Pfr. Mathias Rissi

 

14. September 2002

 

Jeder nun, der diese meine Worte hört und sie tut, ist einem klugen Manne zu vergleichen, der sein Haus auf den Felsen baute. Und der Platzregen fiel und die Wasserströme kamen und die Winde wehten und stießen an jenes Haus, und es fiel nicht ein, denn es war auf den Felsen gegründet.  Und jeder, der diese meine Worte hört und sie nicht tut, ist einem törichten Manne zu vergleichen, der sein Haus auf den Sand baute. Und der Platzregen fiel und die Wasserströme kamen und die Winde wehten und stießen an jenes Haus, und es fiel ein, und sein Fall war groß.  Matthäus 7,24-27

 

Die unheimlichen Bilder von der steigenden Flut im Osten Deutschlands Ende August sind uns noch gegenwärtig. Was Menschen in Generationen aufgebaut haben – es wurde innert Minuten oder Stunden zerstört. Manchem Sturm haben die Häuser getrotzt und den Menschen Schutz und Obdach gewährt, aber diesmal war's zuviel: unterspült, eingedrückt, mitgerissen und weggeschwemmt. Wir können uns glücklich schätzen, daß wir solche Wassernot in Meilen nicht kennen.

 

Solch ein Bild hat wohl Jesus vor Augen gehabt, als er sein Gleichnis erzählte.

Er mußte wissen, wovon er sprach, schließlich war er als Zimmermann ein Baufachmann und wußte, wie einfach die palästinischen Häuser gebaut waren: eben oft ohne ein rechtes Fundament. Man grub ein bißchen, aber nicht bis auf den Felsengrund. Wenn dann bei einem Platzregen die Bächlein reißend anschwollen und ihr Bett verließen, dann war die Katastrophe programmiert.

 

Nun stehen im Gleichnis also die zwei Häuser für zwei Menschenleben. Welches Leben wird den Stürmen standhalten? Es stimmt nachdenklich: äußerlich ist nämlich kein Unterschied auszumachen. Es präsentieren beide gleich gut. Modern gesprochen: beide haben die Schulen ersucht, die Ausbildung gemacht, sich im Beruf, in der Familie etabliert, beide sind nach dem Brauche getauft, konfirmiert, getraut … und doch ist es nicht dasselbe. In der Bewährung wird sich der Unterschied erweisen.

 

Es wäre doch ausgesprochen töricht, elementarste Vorsorge für alle Fälle zu unterlassen. Ein Haus braucht ein rechtes Fundament. Wie sieht das für ein Lebenshaus aus? Wie kommt es auf das rechte Fundament zu stehen?

Die Heilige Schrift bekennt gerne Jesus Christus als das Fundament: z.B. Einen andern Grund kann niemand legen, als den der gelegt ist: Jesus Christus (1.Kor. 3,11). Oder: Der Stein den die Bauleute verworfen haben ist zum Eckstein geworden (Apg. 4,11).

 

Wie ist da konkret zu verstehen? – Das Gleichnis am Abschluß der Bergpredigt zeigt Jesu genaue Anweisungen: Jeder nun, der meine Worte hört und die tut, ist einem klugen Manne zu vergleichen, der sein Haus auf den Felsen baute.

Da ist zuerst das Wort. Im Anfang war das Wort – so sagt auch Johannes. Mit dem Wort fängt das Gottesreich für uns Menschen an.

Schon im Alten Testament war das so: Gottes Willen und Wort entspringt die Schöpfung. Und immer wenn etwas im AT sich regte und von Gott aus geschieht, dann beginnt es mit dem Wort. Dann heißt es jeweils: Das Wort geschah zu mir oder  es kam zu mir.

Dieses Wort hat erste Dringlichkeit. Das Gleichnis unterstreicht die Bedeutung der Bergpredigt Jesu. Man hat viel darüber diskutiert, ob es möglich sei, nach ihr zu leben. Darum geht es jetzt nicht. Denn sie ist gleichsam seine Antrittsrede, seine Königsrede. Sie proklamiert das Gottesreich. Wie heilsam und notwendig sie ist, haben ja auch Menschen aus andern Kulturkreisen entdeckt, an prominentester Stelle vielleicht Mahatma Gandhi.

Das Wort ist die Grundlage. Es gibt den Menschen Halt.

 

Der zweite Gedanke dreht sich ums Hören. Schon Paulus, der früheste schriftliche Zeuge das Neuen Testamentes, sagt: der Glaube kommt aus der Predigt –  den Ausdruck im Griechischen übersetze ich exakt mit «Hören». Der zentralen Stellung des Wortes entspricht das besondere Gewicht, das dem Hören zugesprochen ist. So sagt Jesus in der Bergpredigt öfter: Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist:…,  ich aber sage euch…oder dann das fast beschwörende: Wer Ohren hat zu hören, der höre!  Man müßte doch meinen, daß jeder der Ohren hat, auch hört. Die Wirklichkeit zeigt, daß dem nicht immer so ist. Es soll öfter vorkommen, dass eine Frau zu ihrem Mann sagt: «Häsch ghört? Häsch überhaupt zueglost?»

Das Hören ist eben ganz wichtig auch im christlichen Glauben. Das steht im grundsätzlichen Unterschied zu den religiösen Bemühungen der Menschen, die eigentlich immer auf Gottesschau und Gotteserkenntnis ausgerichtet sind. Aber das Schauen ist etwas, das die Bibel mit der Vollendung verbindet. Wir erinnern uns an das Jesuswort in der Synagoge von Nazareth: Heute ist dieses Schrift erfüllt vor euren Ohren (Lukas 4,21). Wir leben im Glauben, eben noch nicht im Schauen. Es ist darum gut biblisch, wenn unsere Kirchen aufs Hören eingerichtet sind. Wir gehen mit dem Ohr zu Gott und nicht mit dem Auge.

 

Und drittens gehört zum Wort und zum Zuhören auch das Tun!

Beachten wir die Reihenfolge: die Tat ist nicht Voraussetzung, um die Gottheit gnädig zu stimmen. Sondern die Tat ist unsere menschliche Antwort auf den Zuspruch des Gotteswortes. Es kann und darf nicht ungehört und ungetan verhallen.

 

Von bösen Zungen kennt man den alten, faulen Spruch: «Ein Mann ein Wort, eine Frau ein Wörterbuch» - womit freilich noch nichts über die Qualität gesagt ist. Bei Gott sieht das anders aus.  Im Alten Testament begegnet uns die Vokabel: 'dabar'. Dieses eine Wort bedeutet beides: Wort sowie Tat. Bei Gott sind Wort und Tat identisch. Ich spreche nochmals den Anfang des Johannesevangeliums an: Dort wird das griechische Wort 'Logos' für das menschgewordene Gotteswort Jesus Christus verwandt. In ihm sind Gottes Wort und Tat eins.

 

Da stehen nun die zwei Häuser. Von außen ist ihnen nicht anzumerken, welches «verhebt». Unser Reformator Johannes Calvin nennt trotzdem das Lebenshaus ohne Fundament «windiges Bekenntnis». Weil eben der Sturmwind offenbart, was etwas taugt. So ist es in der Tat oft, daß erst die große Krise aufzeigt, was echt und was windig ist. Glücklich, wer diese Erfahrung macht, dann getragen und gehalten zu sein.

 

Aber schauen wir doch zum Schluß nochmals auf die beiden Häuser, besonders auf das mit dem guten Fundament. Es könnte sein, daß alles bestens wäre. Daß ein Mensch Gottes Wort hört und tut – und trotzdem in eine Krise gerät. Die Lebenshäuser werden zuweilen gewaltig erschüttert. Es kann gar danach aussehen, daß sie zerbrechen; so auch bei den großen, bekannten Märtyrern. Ich kenne aber auch viele kleine, unbekannte Märtyrer im Alltag. Hat dann das Fundament versagt. Geht es ihnen am Ende wie den uralten Häusern an der Elbe, welche manches Hochwasser schon überlebt haben, aber diesmal war's zuviel?

 

In diesem Falle wollen darauf vertrauen, daß Gott auch darin Leben und Segen wirkt. Wir halten uns unweigerlich an Jesus Christus: bei ihm sah alles aus wie verloren, gescheitert und vernichtet … aber im Ostermorgen mit der Auferstehung hat Gott alles in ein neues Licht getaucht. Das ist Schlüssel des Gottvertrauens:

1. Kor 1,23-25 wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit ;

denen aber, die berufen sind, Juden und Griechen, predigen wir Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit.

Denn die Torheit Gottes ist weiser, als die Menschen sind, und die Schwachheit Gottes ist stärker, als die Menschen sind.

In starke Worte faßt es der Pfarrer und Liederdichter Adolf Maurer (1883-1976):

Das ist ein wundersam Geschehn,
wie Gott nur kann befreien.

Mag es durch Tod und Hölle gehen,
im Herzen drin ist Maien.

Der Maien einer neuen Welt.

Christus ist  unser Leben;

Er hat, ob Erd und Himmel fällt,
uns ewgen Grund gegeben.
(Reformiertes Gesangbuch 679,3)

Amen.

 

Pfr. Mathias Rissi

 

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