Der Neue Abendgottesdienst   13. Januar 2018   2. Mose 13,17f   -  Pfr. Mathias Rissi

 

 

Gedanken aus der Predigt vom 13. Januar 2018

Exodus 13,17-18 – Jesaja 35,1-6

 

Wozu sind Wüstenzeiten gut? – Da steckst du fest im Ödland und kommst nicht weiter. Da ist keine Leben, keine Hoffnung.

Gesunde Menschen sagen sich da: «Nichts wie raus!»

Wie kommt man erst mal in eines solche Wüstensituation hinein?

Da ist jemand voller guter Ideen und freiwillig aufgebrochen. Hat eine neues Projekt begonnen – und alles läuft schief. Da verfliegt die Euphorie schnell.

Ich denke an jemand, der seine Stelle gekündigt hatte, um etwas neues zu wagen, und dann kam die Krise, eine neue feste Stelle, erst recht eine längerfristig sichere – daran ist nicht mehr zu denken.

Eine Nummer kleiner: Soll ich heute am 10. Januar noch nach den guten Vorsätzen fragen… Der Alltag hat uns schon wieder.

Andere Orte und Lebenslagen, welche einer Wüste ähneln können:

Hunger, Streit, Arbeitsstelle, Familie, Ehe, Kirche

 

Einen herausfordernden Gedanken lesen wir in 2. Mose 13,17-18: Als nun der Pharao das Volk hatte ziehen lassen, führte sie Gott nicht den Weg durch das Land der Philister, der am nächsten war; denn Gott dachte, es könnte das Volk gereuen, wenn sie Kämpfe vor sich sähen, und sie könnten wieder nach Ägypten umkehren. Darum ließ er das Volk einen Umweg machen und führte es durch die Wüste zum Schilfmeer.

Gott führt sein Volk durch die Wüste – weil er diesen Umweg für richtig hält. Dabei wäre der Weg der Küste entlang viel näher.

Das ist ein interessanter Gedanke, es könnte also auch in Deinem und in meinem Leben eine Wüstenzeit von Gott verordnet sein. Nicht wahr, wenn du drin bist, dann kannst Du das nicht so sehen. Das läßt sich wohl viel eher hinterher einmal im Rückblick feststellen. Aber wenn ein Mensch durch die Wüste geht, darf er sich daran erinnern, daß er, wie einst die Israeliten im Rückblick die Wüstenzeit als starke Zeit empfindet. Dabei berichtet die Bibel von Israel viel Schlimmes. Das Volk maulte und verhielt sich bockig. Kaum entdeckten sie Streitwagen hinter sich, begannen sie zu wehklagen: «wenn wir schon sterben müssen, wir wären besser in Ägypten geblieben, da gab es wenigstens anständige Gräber». Und das Murren und Maulen gegen Moses und gegen Gott zieht sich wie ein roter Faden durch die 40 Wüstenjahre.

Aber Bibel erinnert auch an die Faszination der Wüstenzeit. Im Rückblick kommt es den Menschen so vor, daß sie eine Heilszeit gewesen sei, eine Zeit der unmittelbaren Gotteserfahrung.
Wie sie nicht Hunger leiden mußten, sondern «Manna vom Himmel», einen köstliches pflanzliches Sekret vorfanden, nicht im Überfluß, aber immerhin genug für jeden Tag. Wie sie auf Gott ausgerichtet waren und die 10 Gebote empfingen. Im gleichen Atemzug muß gesagt werden, daß ihnen die Abwesenheit Moses zu lange dauerte und sie deshalb eine goldüberzogene Stierfigur anbeteten – genau so materialistisch, wie die
Menschen der heutigen Zeit.

Nein, wenn sie nach 40 Jahren endlich ins verheißene Land einziehen konnten, so war das nicht verdient, sondern wie die ganze Wüstenzeit nichts als Gnade. Das haben sie in der Wüste gelernt.

 

Die Hugenotten, die Reformierten in Frankreich haben unter Louis XIV schlimmste Verfolgung erlebt: die Scheiterhaufen loderten. Der Glaube konnt nur im absolut versteckten praktiziert werden. Reformiert sein war verboten, eine reformierte Taufe war ein todeswürdiges Verbrechen. Das dauerte vom 17. Jahrhundert bis zur französischen Revolution. Aber die Hugenotten nennen jene Zeit: L'Église du désert, die Kirche der Wüste. Einerseits, weil sie damals nur noch in den Einöden und Schluchten des Cevennen ihre Gottesdienst feiern konnten, und anderseits, weil sie damals, als ihre Pfarrer verbrannt und gevierteilt wurden, erlebten, wie der Herr sie nicht im Stich ließ und Gottes Geist Menschen, zum Teil sogar Kinder, zu Propheten machte welche das Wort des Evangeliums, was Wort der Hoffnung, weitergaben.

 

Nochmals ein Blick ins Alte Testament: Später dann erinnerten die Propheten das Volk an früher und waren überzeugt: so gut wie in der Wüste war es nie wieder mit Israel.

So wurde das babylonische Exil verglichen mit der Wüste, durch welche das ungehorsame Volk wieder hindurch müsse, wie in der Sinai-Zeit.

Der Prophet Jesaja (35,1-6) gab das Trostwort weiter, daß die Wüste in Blüte ausbrechen werde! Die Sinai-Erfahrung ermutigte so das Volk im babylonischen Exil.

 

Für uns noch einmal und herausragend wichtig: Das Neue Testament spricht von Johannes dem Täufer als «Stimme des Rufers in der Wüste». Zu ihm an den Jordan kommt Jesus in die Wüste von Judäa.

Daß Gott Mensch wird und sich «verwüsten» läßt am Kreuz, das wird jedem von uns und auch einer Kirche in der Wüste neue Hoffnung geben. Und gleich wie die Wüste, welche blühen werde, ein Zeichen der Hoffnung setzt, so ist Jesu Auferstehung für unsere Welt der Keim einer neuen Hoffnung.

In unserm Glauben erinnern wir uns gegenseitig daran, daß wir dessen schon gewiß sind.

Pfr. Mathias Rissi

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