«G..pfridschtutz»

Gedanken aus der Ufwindpredigt am 16. April 2005 in der Kirche Meilen

Predigt Pfr. Mathias Rissi 

 

 

Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht mißbrauchen 2. Mose 20,7  Exodus 20,7

 

Zuerst denken viele beim 3. Gebot ans Fluchen und an Kraftausdrücke in denen Himmel, Sakramente oder andere Heiligtümer her bemüht werden. Also heute war es mit deen Vorbereitungen zum Gottesdienst wirklich hart: was da sich nicht alles quergestellt hat: Die Heizung wurde versehentlich nicht eingeschaltet – jetzt frieren wir in der Kirche. Eines der beiden funkelnagelneuen Funkmikrophone ist mit einem Wackelkontakt zum Lärmgenerator geworden – nun gut, ich fluche nun wirklich nicht, so bin ich eben erzogen – aber ein Kraftausdruck wäre manchmal schon befreiend.

 

Warum gebietet das dritte Gebot, den Namen Gottes nicht zu mißbrauchen?

Es hat vielleicht weniger mit dem Fluchen zu tun, als erst einmal damit, dauernd Gottesnamen unbedacht im Munde zu führen. Es könnte Gott ja verleiden, so wie einer Mutter, wenn das Kind die ganze Zeit, Mami hier, Mami da, Mami und nochmals Mami ruft, ohne eine echte Antwort zu erwarten.

Sicher vergeht der Mutter mit der Zeit die Lust, jedesmal hinzuhören. Und wenn dann ein Anruf wirklich ernst gemeint ist, hört sie vielleicht gar nicht mehr hin.

Menschlich gedacht: Gott hört uns zu, hört Menschen seinen Namen rufen - »Natürlich ich bin ja da, ich höre dir zu! – Was, schon wieder Fehlalarm«

Beim Fluchen kommt dazu, daß es oft ein Negativgebet ist, mit dem Wunsche, Gott möge einen zur Hölle schicken – da kann ich nur hoffen, daß er nicht hinhört. Ein schönes Beispiel dafür gibt das Chanson »Alpeflug« von Mani Matter ab.

 

Das zweite Form von Mißbrauch ist es, Gott für seine Zwecke einzuspannen, mit Gott zu werben und mit Gott zu drohen. Gott ist dann im einen Falle der Garant des Glückes, das ich anpreise, und im andern Falle der Rächer, wenn Du mir nicht gehorchst. Ein ziemlich einfältige Vorstellung, wir könnten auf diese über Gott verfügen!

 

Die dritte Form des Mißbrauchs ist auch recht verbreitet: Man spricht über Gott, wie über eine Sache. Als Kind wurde mir beigebracht, nicht über Dritte zu sprechen. Das hat gute Gründe: Meist ziehen Menschen nämlich bloß über den abwesenden Dritten her. Der kann sich dann nicht wehren. Und das Ganze nützt schon rein gar nichts, weil es Verhältnisse zementiert, statt sie zu verändern. Wenn ich Kritik an einer Person habe, dann muß ich sie direkt melden. Dann besteht durchaus eine Möglichkeit, daß sich auch etwas zum besseren wendet. So gesehen ist es auch ein Mißbrauch des Namens Gottes, wenn wir nur über ihn sprechen. Es gibt Leute, die das sogar für Glauben halten, wenn sie über Gott diskutieren. Ich würde dem eher Philosophieren sagen.

 

Alle diese Überlegungen mögen dazugeführt haben, daß die Juden das dritte Gebot ganz radikal auslegten. Gott trägt im Alten Testament tatsächlich einen Namen. Er wird mit den vier Konsonanten JHWH ausgedrückt.[1] Gesprochen mag es »Jahwä« geklungen haben. Heiliger Ernst und Ehrfurcht vor Gott haben die Juden veranlaßt, diesen Namen gar nie auszusprechen. Sie haben die vier Buchstaben mit falschen Vokalen versehen (Jehova, so fälschlich bei den Zeugen Jehovas verwendet), damit klar war: 'Stop, hier folgt der Gottesname, den sprechen wir nicht aus. Statt dessen lesen wir Adonai, d.h. Herr.'  Die Juden sagten sich wohl: wenn man seinen Namen nie ausspricht, dann kann man ihn auch nicht mißbrauchen. Die Reformatoren, die bekanntlich die Bibel in die Landessprache übersetzten, haben konsequent »Herr« geschrieben, wo im hebräischen Urtext JHWH steht. In der Lutherbibel steht noch heute »HERR« (in Großbuchstaben).

 

Nun wollen wir aber diesen Namen nicht mißbrauchen oder verschweigen, aber wir wollen ihn auch nicht nur dazu verwenden über Gott zu sprechen. Das wäre ja schade. Es ist wie beim Küssen: Wer nur über das Küssen spricht, verpaßt das Beste. Wenden wir also das Gebot ins Positive: Es macht uns Mut MIT Gott zu sprechen.

 

Jesus selber hat mit Gott gesprochen – eigentlich etwas paradox, wo uns in ihm doch Gott selber begegnet. Aber offensichtlich war es ihm wichtig, uns das Sprechen mit Gott ans Herz zu legen:

Er betete z.B. am Grab des Lazarus (Joh 11) um ein Zeichen! Oder im Garten Getsemane (Matth 26) um seine Verzweiflung zu klagen, und am Kreuz (Luk 23,34) um Vergebung für seine Verfolger.

 

Wann beten wir? Hören wir uns noch mal ein berndeutsches Chanson an (Fritz Widmer; Ballade vom Ma wo bim ne fromme Ma es Ross gchouft het). Natürlich erscheint hier das Gebet wieder in allerlei Kraftausdrücken und Flüchen. Mit »Amen« kommt das Pferd zu stehen und mit »Gott sei Dank« beginnt es zu laufen.

Es ist wohl typisch, so richtig intensiv zu beten, wenn wir in der Tinte sitzen. Die Bibelstelle zu diesem Lied ist Psalm 50,15: »Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich preisen.«

Ja, erstaunlicherweise bietet Gott Hand. Wir halten es für ein recht infantiles Verhalten: bei der Gefahr uns an Gottes Rockzipfel zu flüchten, um gleich nach der Rettung wieder unsere Eigenständigkeit zu leben. Aber Gott ist sich nicht zu schade. Er rechnet damit, daß wir eben so sind.

Vielleicht liegt ja auch ein neuer Anfang der Beziehung zu Gott in einem solchen Notschrei von Gebet. Der Psalm sagt ja: …und du sollst mich preisen!

 

Und Jesus rät zum Beten - mit andern Vorzeichen als beim 3. Gebot. Seither reden wir mit ihm Gott nicht mehr an, als den, dessen Name schrecklich heilig und erhaben ist, sondern ganz zutraulich. Jesus hat »Abba« gesagt. Das entspricht unserem Vati oder Papa.

Und damit wir eine Vorlage zum rechten Gebrauch des Gottesnamens haben gab er uns das Unser Vater. Es enthält alle göttlichen und menschlichen Bedürfnisse. Gewiß ist es auch möglich in einem freien Gebet mit Gott zu sprechen. Genau so wie wir es mit einem vertrauten Menschen tun.

 

Natürlich wissen wir alle, daß das Gebet nicht einfach ein Wunschbriefkasten ist, in welchem man seine Anliegen deponiert und basta. Zum Sprechen gehört es auch, dem Gegenüber Raum zu geben und zuzuhören. Und bei allem auch der Respekt: Gott erfüllt nicht alle Bitten, aber er hält alle seine Versprechen! Darauf vertrauen wir.

Darum pflegen wir im Ufwindgottesdienst das »offene Mikrofon«, d.h. wer mag, berichtet der Gemeinde von seiner Freude, Bewahrung oder Glück und vor der Fürbitte die Sorgen und Anliegen. Diese Voten werden dann von moderierenden Teammitglied jeweils im Gebet aufgenommen. Es ist uns wichtig, weil wir miteinander mit Gott in Beziehung treten wollen, und weil uns das ermutigt, auch ganz persönlich, diese Beziehung gerade im Gebet zu pflegen.

 

Zum Schluß das Größte: in der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten besinnen wir uns auf Gottes Heiligen Geist. Das ist ja interessant: Einerseits ist  der »heilige Geist« eine Bezeichnung für Gott. Anderseits ist er eine Gabe, die uns geschenkt wird.

Wenn wir nicht wissen, was wir beten sollen, dann  hilft der Geist unserer Schwachheit auf![2] Er hilft uns die richtigen Worte finden! Das heißt, daß Gott selber in uns mit betet, wenn wir beten!

 

----------------------

[1] Die hebräische Schrift verwendet keine Vokale. Erst später wurden den Konsonanten Punkte zugefügt, um Vokale anzuzeigen.

 

[2] Römer 8

 

Da die Ufwindpredigten jeweils schweizerdeutsch und frei gehalten werden, weicht die Druckversion vom gesprochenen Wortlaut ab und einzelne Vergleiche, Anekdoten können fehlen. Das gleiche gilt in geringerem Maße auch für die schriftdeutsch gehaltenen Sonntagspredigten.

 

 

Zum Predigtverzeichnis            Zur Hauptseite

 

 

Ufwind - Gemeindeaufbau der Evang.-ref. Kirchgemeinde Meilen