11. März 2006      Pfr. Mathias Rissi und Vikarin Maschi Roth, Meilen   Gen 1,26-28

Dialog-Predigt im Brot-für-alle-Ufwind,

Galater 3,28,  Lukas 18,1-7 und Johannes 4

Maschi Roth:

Ich möchte eu allne s’Hungertuech zeige, womer das Jahr übercho händ. Gmalet häts en afrikanische Künschtler und e dütschi Grafikeri in ere Gmeinschaftsarbet. Ich finde d‘Ussag vo dem Bild sehr idrücklich. Es will zeige, was de Artikel 1 und 2 vo de Mänscherächt forderet:

1.)    Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren...

2.)    ... ohne irgendeine Unterscheidung wie etwa nach Rasse, Farbe, Geschlecht, Sprache, Religion, nach politischer oder sonstiger Überzeugung, nach nationaler oder sozialer Herkunft, nach Eigentum, Geburt oder sonstigen Umständen.”

 

Mir gsehnd da links Adam und Eva im Paradies, und zwar offesichtlich nachem erschte Schöpfigsbricht i de Bible, also nöd dä mit de Rippe, sondern nach Gen 1,26, wos heisst: “Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, als Mann und Frau schuf er sie.”

Es isch da keis Gschlecht bevorzugt, si ghöred glichberächtigt zum Bild vo Gott, er vereinigt beidi i sich.

S‘Thema vom ganze Bild heisst: “Frau sein – Mann sein – ein neuer Mensch werden”.D‘Mänschwerdig isch da i de Mitti dargstellt. mir gsehnd d’Maria und d’Elisabeth, beidi schwanger. D’Maria hät d’Elisabeth bsuecht, und i dem

Momänt, wo si zur Tür icho isch, hät der Elisabeth ihres Chind in ihrem Buuch afa hüpfe und strample.
Ihres Chind isch de Johannes gsi, dä wo spöter als de Täufer d’Lüt am Jordan tauft u d uf de Jesus vorbereitet hät. Us de Maria bricht astell vomene Gruess ies Freudegebät, es isch s’ “Magnificat anima mea”, das heisst uf dütsch: “Meine Seele erhebt den Herrn”. I dem Gebät chunt au die usglichendi Gerächtigkeit vor, die Gerächtigkeit, wo vor Gott gilt:

“... er hat Gewaltige von den Thronen gestossen, und Niedrige erhöht!”

Das isch s’Bild vom neue Läbe in Gerächtigkeit, vom neue Mänsch, wo mitem Erschine vo Jesus dänkbar worden isch.

 

Mathias Rissi:

Exgüsi, das tüecht mi scho grad echli euphorisch. Eso isch das doch nur en Traum, das gits nid. Dänkbar - das langet mir nid!

Lueg, wie langs hät pruucht, bis bi eus uf em Papier d Fraue di gliiche Rächt übercho händ wie dManne? – uf em Papiir!

Ersch 34 Jahr isches her! Und dadefür hät me müeße kämpfe. Und wie hät me sich früener lustig gmacht über Suffragette und Blaustrümpf!

Du meinsch doch nid, das falli üs Mänsche eifach in Schoß: Mänschwürde, Partner sii … Vo Lohngleichheit cha me immer nonid rede. Mueterschaftsurlaub gits efang im Aasatz. Aber gliichi Chance?

Lueg i zeig der en anderi Stell i de Bible, wo für mi vill besser passt, wänns um üs als Christemänsche gaht und um Gottes Riich.

Jesus sälber verzellt das Glichnis vo de Witwe und em ungerechte Richter Luk 18,1-7

Gewaltige stößt er von den Thronen, aber vo üs erwartet er, dass mer nid eifach warted und d Händ in Schoß legged.

Es isch e Stell übers Bätte: Jesus seit üs, wie üseri Halteig gegenüber Gott söll usgseh!

Das hämmer nötig. Mir tüend nämlich ehner «guet schwizerisch» bätte!!?

Guet schwiizerisch bätte, das gaht öppe so: Gott, hilf mir i däm große Aalige. Aber wenns zvill verlangt isch, so gimmer wenigstens d Chraft zum s Schicksal träge...

Die Witwe aber stürmt dem Richter dBuude! So söllemer bätte und läbe: Nid lugg lah!

 

Maschi Roth:

Ja aber, ich bäte au so schwizerisch, ich bi ja schliessli au e Schwizeri, dänn därf me das...

Nach mim Gfühl isch es au richtig. Mir händ doch nöd s’Rächt, da am Herrgott uf d’Bude z’stige und z’fordere. Ich empfinde das als uverschämt. Es ehrewerts Mitglied vo eusere Gmeind hät emal gseit: “De Mänsch hät keinerlei Aspruch uf Glück!” Und das stimmt minere Meinig na. Wämir emal e glücklichi Zit händ im Läbe, dänn isch das es unverdients Gschänk, wo mer nöd gnueg chönd danke defür.

Bescheideheit isch doch au e tüfi christlichi Errungeschaft. Wie heissts bim Schiller:

“Mut hat auch der Mameluck;

Demut ist des Christen Schmuck!”

Und wämer ehrlich sind, so gahts eus doch au i der Erziehig? Wänn es Chind zu mir seit: “Ich wott ines Konzert, gisch mer 25 Stutz, ich chume dänn mitem Nachtbus hei.” Dänn isch bi mir s’Nei zvorderscht: Was fallt dem eigentlich i? – Wänn aber min Sohn wohlvorbereitet mich frögt: “Mama, ich würd gern mit Kollege is Schauspielhus “Romeo und Julia” go luege. Ich weiss scho, es isch zmitzt i de Wuche, und ich han am Dunschtig es Franz-Ex, aber ich ha tänkt, ich lehre scho am Mäntig...aber säg du.” Ja, da isch min Goodwill natürli uf höchschte Toure. Mit sonere Selbstbescheidenheit chunt mer sicher witerim Läbe.

 

Mathias Rissi:

Da chan I Dir nid widerspräche us eigener Erziehigs-Erfahrig.

Weisch – I meins eso:

De Paulus hät e Chranket gha. Jahrelang hät er pättet, das Gott en tüeg gsund werde lo. So im Sinn: Gott, das cha doch nid die Wille sii. Tue jetz öppis. Wänn mir niemer cha hälfe – du muesch es doch tue.

Schließlich hät er dänn müese kapituliere und gseh – Gott muetet mir dChranket zue. Und dänn hät er um Chraft pättet und Geduld – und hät si übercho.

 

Maschi Roth:

Ja, aber für mich isch das ehner en Hiwiis dass mer ebe sich nöd söll uf sones konkrets Gebät fixiere. Es git Wichtigers, wo mer söll defür bäte. De Jesus hät sälber gseit, mir müesed eus nöd immer sovil Sorge mache, sondern mir törfed Vertroue ha, es chunt guet. Gott meints guet mit jedem vo eus.

Mt 6,25: “Sorget euch nicht um euer Leben... sehet die Vögel des Himmels. sie säen nicht und ernten nicht, und euer himmlischer Vater ernährt sie doch” (und dänn no das mit de Lilien auf dem Felde, wo schöner agleit sind als d’Königin vo Saba, und dass mir Mänsche doch am Schöpfer mindistens glich lieb sind wie die Lilie) und dänn am Schluss heissts i dere Stell: “Suchet zuerst Gottes Reich und seine Gerechtigkeit, dann werden euch alle Dinge hinzugefügt werden.”

Es heisst “suchet”. Das griechische Wort für “suchen” hät d‘Bedütig vo astrebe, vo verlange nach, sich sehne nach und nöd: verlange im Sinn vo fordere oder gar erkämpfe.

 

Mathias Rissi:

Ja, jetz verstahnidi di scho.

Es git wichtigeri und weniger wichtigi Sache im Läbe. Und wämme für es Franz-Ex schlächt gleert hät, isch währschinlich e rächti Portion Dummheit debiii, wämme no forsch gängti für en Sächser go bätte.

Aber eis muesch au geseh: Gottes Riich törfemer nid nu im Jensiits asidle. Sozäge dänn wämer de Löffel us de Hand ggeh händ und sowieso Gott mues werche, wänns no öppis rächts söll geh.

D Mänsche vo de Bible vom Alte Testament bis hüt händ immer druf beharrt: Gott ghört dWält und nid nu im Jensiits.

Drum gämmer nid uf s Gottesriich und sini Grechtigkeit hüt und jetz i däre Wält zfordere, defür zkämpfe, aber au defür bätte und zstürme bi Gott.

Grad will mir a Gott glaubed und gwüss sind, dass er e besseri Grächtigkeit will und schafft und vollendet

- grad drum sinds doch immer wider Mänsche gsii, wo Muet übercho hand zum sich gege alle Aaschii und alli Sachzwäng zweere und nid ehner lugg zlah, bis si gseh händ dass es en Rutsch fürsi gaht!

Wänns Gott guet meint, dänn mueß me da öppis geseh.

DHarriet Beecher-Stowe isch e Quakeri gsii… Si hät sBuech Onkel Tom's Hütte gschribe - und Sklaverei abgeschafft,

Die religiös-soziale Bewegig hät für soziale Recht erkämpft...

Und I bi ganz sicher: die händ I ihrer Verzwiiflig nid guet schwii­ze­risch pätet, sondern so wie dWitwe!

 

Maschi Roth:

Ja guet, das gsehni i. Da träfed mer eus.

Es gaht um Mänscherächt, die hät de Jesus eus vorgläbt. Und er isch wäge dem usgränzt und ghasst worde, bis zum Tod. Und er hett sich sicher no bis churz vor em Änd chöne rette, wänn er alles zrugggnoh hett. Das hät er nöd. Und i dem Sinn hät er natürli meh kämpft als jede Revoluzzer.

Und dä Kampf söled mir Chrischte i sinere Nachfolg au uf eus näh. Mir söled d’Mänscherächt verträte und verteidige, au wänns nöd opportun isch, wänns eus schadt und mir büesse müend. Was chönt das für euses Läbe da in ere Gmeind in Mitteleuropa konkret heisse?

Zum Bispiel: Wänn uf em Pauseplatz es Chind fertiggmacht wird, wils andersch isch als die andere – segs es Usländerchind oder  es Schwizerischs, dänn söll me das i irgendere Form versueche z’stoppe.

Oder mir als Eltere: wänn eusi Chind e pauschali usländerfindlichi Bemerkig fale lönd, söled mir s’Gspräch mitenen über das Problem sueche.

Oder wämir s miterläbed, wie-n-en Bus-Chauffeur äxtra d’Türe nüme ufmacht vorere muslimische Frau, dänn söled mir in alem Astand im säge, dass das nöd ider Ornig gsi isch.

Oder wänn i eusere Gägewart en demente alte Mänsch verächtlich abeputzt wird, dänn söled mir dem Mänsch öpis zlieb tue, dass er merkt, dass er e Würd hät.

Und natürli, was mir ali scho vil mached: bim Ichaufe Produkt berücksichtige, wo so deklariert sind, dass den Arbeiter i de 3. Wält fairi Lähn zalt werdet.

Am Jesus sini Botschaft isch so klar: Wämir nomal zum Bild zrugggönd: Da rächts gsehmer d’Verheissig. Da sitzt de Jesus am Brunne und git de Samariterin, obwohl sie e Frau isch und erscht no e verachteti Samariteri, er git ire Läbeswasser, dass sie an ihrer Seel gsund wird und vo det a immer a sprudelndi Quälle i sich ine hät.

Und nöd nur ire: allne Mänsche, wo chömed, git er: Chinese, Inder, Afrikaner, Mane, Fraue, Chind – allne. “Denn ihr seid alle eins in Christus!”

 

Pfr. Mathias Rissi

 

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