Konfirmation 2003 in der Kirche Meilen, Predigt Pfr. Mathias Rissi

 

Jesus Christus spricht: Ich bin die Tür. Wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden. Johannes 10,9

 

 

Liebe Konfirmanden, liebe Gemeinde

 

Ganz ehrlich und Hand aufs Herz: Was würden wir von einem Erwachsenen denken, der allen Ernstes sagt: Ich bin – das Fenster, das Licht oder eben: Ich bin die Tür – Die Antwort ist peinlich! Früher sagte man von solchen Leuten: Er hat einen Dämon. Heute ist es am Besten, man übergeht die Person mit Schweigen.

 

Außer man wäre eingeschlossen in einem jener albtraumhaften Räume aus denen kein Ausgang führt! Wohl wir alle, Jugendliche und Erwachsene, kennen dieses Gefühl, allerdings nur unbewußt, aus frühesten Kindertagen. Da waren wir eingesperrt im Laufgitter. Offensichtlich hat der Drang hinauszugehen gesiegt.

 

Aber es gibt Räume ohne Ausgang. Nicht nur mit Mauern aus Stein. Manchmal sind Menschen Gefangene hinter Mauern aus Ängsten und Erfolgszwang, die dann buchstäblich nicht mehr 'ein noch aus wissen.'

 

Für sie alle signalisiert der Satz: Ich bin die Tür eine gewaltige Hoffnung. Nach einer solchen Tür richten sich sehnsüchtige Blicke. Sie wird zum Inbegriff verzweifelter Hoffnung: 'Wenn diese Tür sich öffnen würde! dann wäre sie ein Tor zur Freiheit, eine Tür zum Leben.'

Der Evangelist Johannes weiß, was er tut, wenn er weitergibt, daß der Gottessohn sich mit einem alltäglichen Gegenstand wie mit einer Türe identifiziert. Nicht die Hoheitstitel sondern alltägliche Dinge bringen die wahre Würde von Jesus Christus zum Ausdruck: Ich bin die Tür. Gerade in verriegelten und verschlossenen Situationen die Tür zum Leben, zum Ursprung, zu Gott. Eine Tür, wo wir nicht nur den Kopf durchstrecken, sondern mit Leib uns Seele hindurchgehen sollen. Denken wir an all die schönen Tore und Portale. Wie verhalten sich da die Touristen? Sie schauen sie an, bewundern sie, stecken den Kopf mal durch, aber sie gehen nicht hindurch. Darum kann dann auch nichts passieren.

 

Wer aber so «die Tür» links liegen läßt, der erlebt nichts. Eins aus der Klasse hat's vorhin gesagt: Eine Tür zu öffnen und hindurchzutreten birgt ein Risiko – es könnten sich ungeahnte Welten dahinter öffnen, vielleicht gibt’s kein zurück mehr. Das kann ich mir gut vorstellen, daß jemand durch die 'Tür Jesus Christus' hindurchgeht und soviel von Freiheit, Liebe und Hoffnung schmeckt, daß er um keinen Preis mehr in die Zeit davor zurückkehren will.

 

Bei den begehrten Türen denken wir vielleicht an die Tür zur weihnächtlichen Stube mit all ihren Herrlichkeiten, die uns in Kindertagen verzauberten. Jesus aber nimmt ein viel alltäglicheres Bild: die Tür zum Schafstall.

 

Und zuerst führt der Weg nicht hinaus in die Freiheit, sondern hinein in Schutz und Sicherheit. Auch dieses Bedürfnis ist bekannt. Es soll Leute geben, welche die TV-Sendung «Aktenzeichen xy ungelöst» anschauen und dann mittendrin aufstehen um alle Fenster und Riegel zu verschließen.

 

Die Taufe heute Morgen erinnert uns daran, daß wir bei Gott einen Zufluchtsraum haben, in welchem er uns birgt und schützt. Denn Sorgen und Leid betreffen getaufte Menschen genau so wie die andern.

 

Wir brauchen aber nicht nur Schutz vor anderen Menschen. Wer schützt uns vor uns selbst? Wie oft verfolgt uns unser eigenes Ich, unbarmherzig und gnadenlos. Wer schützt uns vor unserem Ehrgeiz und unserer Dummheit und vor allem vor unserem Erfolg! Natürlich ist Erfolg notwendig. Wie oft habt ihr den Satz gehört: «Ich wünsche dir Erfolg!» für Prüfungen, auf der Suche nach einer Lehrstelle, im Sport. Ja, das Prinzip 'Erfolg' kennzeichnet den Menschen. Er ist erfolgreicher als alle andern Lebewesen, so daß er allen andern Lebewesen und sogar sich selber zur Gefahr wird. Aber wo man wirklich vorankommt wächst auch die Erkenntnis der Grenzen. Es ist wie beim Bergsteigen: je höher man kommt, desto dünner wird die Luft.

 

Früher Mensch als Bestandteil der Schöpfung und Diener des Lebens. – Dann fing er an Herr und Meister zu werden: im Guten wie im Bösen. Die Gefahr ist groß, daß die Finsternis, jene Urfinsternis, die am Anfang aller Dinge die Erde bedeckte (Genesis 1,2), von neuem über uns hereinzieht – aber diesmal Menschen gemacht. Wenn unverbesserliche Optimisten heute noch versprechen, der menschliche Geist werde die Gefahren meistern, dann winken wir müde ab und merken, daß es wichtiger ist, zu erkennen, nicht alle Türen gut für mich sind.

 

Unsere Türen sind aber nicht perfekt sicher und undurchlässig, nicht einmal wenn sie mit Alarmanlagen geschützt sind. Manchmal schleichen sich durch die Ritzen Zweifel ein, berechtigte und unverschämte, und stellen uns in Frage: Wie soll ich mich nur entscheiden? Wie wird das nur wieder gut? – Manchmal stellen Anfechtungen alles, auch Gott, in Frage. Dann nützen keine geschützten Räume. Dann hilft nur eine Tür: Jesus Christus: Ich bin die Tür. Wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden.

 

Wer ist der, der das sagen kann: Ich bin die Tür? Er sagt es nicht von oben herab, sondern er ist es, der das Herrschen so auslegte und lebte, daß es ein Dienen ist. Er ist es, der in einer nicht gekannten Solidarität mitgeht und auch vor dem Leid nicht kneift. Es sind nicht großspurige Worte, sondern die Balken des Kreuzes: sie verriegeln die Tür gegen die Mächte des Verderbens. Er ist es, der Hoffnungslosen Mut macht und Versagern vergibt.

 

Und diese Tür bleibt nicht nur verschlossen. Am Ostermorgen wurde sie aufgetan: die Tür zum Leben, Tür zu Gott. Das ist das Starke am Schutz den Jesus gewährt. Er hält uns nicht für immer hinter verschlossenen Türen, sondern wie die Schafe nach der dunklen Nacht durch die rettende Türe hinausgelassen werden, so läßt Jesus Christus auch uns in die Freiheit hinaus treten. Wir sollen auf keinen Fall hinter Schloß und Riegel bleiben oder gar im Schatten des Kreuzes Schutzbunker bauen.. Wir alle wissen, daß man gerade aus religiösen Schutzbunkern nur schwer herausfindet.

 

Das Pfingstfest vor drei Wochen ruft uns in Erinnerung, daß Gottes Tür zum Leben und zur Schöpfung offensteht. Daß sein Geist wie ein frischer Wind lebendig macht.

So feiern wir also die Konfirmation: Für Eltern und Paten eine Türe, welche Loslassens bedeutet, in der Freude darüber, wie ihr Konfirmanden mehr und mehr eigenständig geworden seid und genug groß allerlei Türen selber zu öffnen.

Für die Konfirmanden eine Türe, die Selbstverantwortung und Freiheit bedeutet, in der Dankbarkeit für alles, was ihr zuhause und auf eurem Weg mitbekommen habt.

 

Möge Gott es uns allen für diesen Durchgang seinen Segen schenken.

Und hoffentlich geschieht es immer wieder, wenn wir eine Türfalle in die Hand nehmen, daß wir uns an den erinnern, der uns begleitet, ja der selber die Tür ist.

Amen.

 

Pfr. Mathias Rissi

 

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Die Konfirmandenklasse von Feldmeilen

 

Alexander Aeberli, Fabienne Sandrine Brunner, Claudia Ewert, Fabio Fitzi, Patrick Hofer, Alexandra Hubler, Nathalie Humm, Irma Maline Langhans, Lukas Mäder, Bettina Morf, Gian-Benjamin Noldin, Laura Stoessel (Taufe), Anna Naima Meret Studer (Taufe), Fabienne Vukotic

 

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Ufwind - Gemeindeaufbau der Evang.-ref. Kirchgemeinde Meilen