Matthäus 13,24ff Das Gleichnis vom Unkraut im Weizen
Gedankensplitter aus der Ufwind-Predigt am 6. Juli 2002 von Pfr. Mathias Rissi

Heute hat sich eine Allerweltstoleranz herausgebildet. Kaum jemand traut sich noch für «die Wahrheit» hinzustehen. Existiert sie überhaupt? Es gibt auch Christen, welche mit dem Jesuswort: «Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich» Mühe haben. Sie fragen: Ja und alle andern? die können doch nicht einfach verloren gehen!

 

Das Gleichnis legt nahe: es gibt eine Wahrheit, ja es gibt eine Wahrheit. Und sie wird sich durchsetzen. 
Aber die Wahrheit gehört Gott und ist wie er wunderbar und unverfügbar. Realistische Demut ist angesagt, auch aus Erfahrung: Zu oft haben Menschen im Wahrheitswahn gewütet. Deshalb können wir nicht für die Wahrheit kämpfen, aber ringen darum, das macht Sinn.

 

Das Bild vom Acker als Gottesreich mutet uns Großes zu: wir leben im Gottesreich, ja diese zwiespältige Welt ist Gottes Reich. Gottes Herrschaft ist nicht etwas künftiges, sondern schon Gegenwart - allerdings unterwegs und noch nicht vollendet.

Wie prägte doch der US-Präsident den Begriff «Achse des Bösen»! Wenn es nur so einfach wäre und die bösen Buben und die lieben so klar auseinanderzuhalten...

 

Es könnte sogar sein, daß die Gegenwart des Bösen hilft, daß «die Wahrheit» nicht überbordet. Z.B.: Waren nicht auch die USA der Hort der Freiheit und der Menschenrechte, solange sie dem sowjetischen Gegenüber das Bessersein beweisen mußten. Jetzt wo dieses Gegenüber fehlt, «schießen sie in Kraut» und zeigen sich maßlos egoistisch (Abkommen von Kyoto, Energieverbrauch, Immunität für die Soldaten bei Kriegsverbrechen...) und parteiisch wo es um Erdöl und strategische Ziele geht. 

Auch wir Christen sind dagegen nicht gefeit: alle christlichen «Gottesstaaten» waren vom Überborden bedroht (Inquisition, Ketzerprozesse - auch bei den Reformieren...)

 

Seinerzeit in der Schule haben wir's schnell kapiert: Wenn ich nichts mache, mache ich nichts falsch - und geschwiegen, wenn wir nicht sicher waren. Genau so reagieren viele heute. Das zweite Gleichnis «vom Fischnetz» (Matth. 13,47f) weiß aber davon zu erzählen, daß es manchmal richtig ist, nicht zuzuwarten, sondern Partei zu ergreifen, für Schwache gegen Unrecht und Lüge.

 

Eignen wir uns die Gottesreichsoptik an, damit wir unterscheiden, wo es um unsere Interessen geht und bescheiden werden.

Wie verschieden ist Jesus den Menschen begegnet, welche er zur Wahrheit und zur Liebe zurückführen wollte: kämpferisch und schroff den Pharisäern, gütig und einladend einem Sünder wie Zachäus.

Wenn Christi Verständnis und seine Versöhnung auch bei uns schließlich gewirkt haben, dann ist das schon mehr als eine unverbindliche Empfehlung.

 

Dazu ein Gebet:

Herr, schenk mir den Mut, zu verändern, was ich ändern kann.

Schenk mir die Gelassenheit, anzunehmen, was ich nicht ändern kann.

Und schenk mir die Weisheit, das eine vom andern zu unterscheiden. Amen

Dem württembergischen Pfarrer Friedrich Christoph Oetinger (1702-1782) zugeschrieben

 

Pfr. Mathias Rissi

 

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