8. Dezember 2001   Matthäus 5,14-16  Ufwind - Predigt  Pfr. Mathias Rissi 

Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So laßt euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.

Liebe Gemeinde

Der Bestseller von Samuel P. Huntington, »Kampf der Kulturen«, zeigt auf dem Titelbild eine geballte Faust auf dem Hintergrund eines Globus.  Ende des 20. Jahrhunderts – so seine These – habe global ein Kampf der Kulturen begonnen. Er illustriert dies am militanten Islamismus.

Viele von uns erinnern sich noch an Zeiten, da man nicht in die große Welt hineinschauen mußte: Es gab ihn in der Nähe den »Kampf der Konfessionen«. Reformierte kauften ihr Fleisch nicht beim katholischen Metzger und Katholiken mieden den reformierten Bäcker etc.

Inzwischen hat sich der Blickwinkel ausgeweitet und damit ist die Welt kleiner geworden. Andere Kulturen sind ins Blickfeld geraten. Die Fragen von Huntington kommen nicht von ungefähr. Wird unsere abendländische Kultur den »Angriff« überstehen, wird sie sich behaupten oder untergehen?

Bisher war es in der Natur und in der Geschichte immer so, daß ein Lebewesen oder eine Organisation im Kleinen beginnt, sich etabliert und dann einen rasanten Erfolg erlebt. Schließlich aber verebbt die Erfolgskurve.  Dieser S-Kurve folgen Lebewesen wie auch Kulturen.

Wir wollen die Chance benützen, nicht konfessionell kämpferisch zu denken, sondern das Christentum einmal von außen betrachten: Wahrscheinlich ist es z. B. einem Chinesen nämlich gleich, ob wir Reformierte, Katholiken, Methodisten, Baptisten, Pfingst- oder noch andere Christen sind.

Wenn wir uns diesen Blickwinkel aneignen: Wie stehen und verhalten wir Christen uns zur Welt. Wie soll uns die Welt sehen?

Orientierung darin gibt uns ein Wort Jesu aus der Bergpredigt: Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So laßt euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen. (Matthäus 5,14-16)

Ihr seid das Licht der Welt! – Wer? Sie, ich? – nein danke, da wehren wir gerne bescheiden ab. Wir wissen um unsere Mängel und Grenzen. Wie oft ist unser Vorbild schlecht. Die Kirchengeschichte zeigt es deutlich: Wie oft haben Christen Finsternis statt Licht verbreitet. Nein, wir sind es nicht, das Licht der Welt. Weder eine große Leuchte, noch eine kleine Funzel.

Daß es dunkel ist in der Welt, bestreitet niemand. Wie aber wird es hell? Etwa durch uns? Wir nehmen einen anderen Vers zu Hilfe. Er steht im Johannesevangelium (8,12): Christus spricht: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern das Licht des Lebens haben.

Klar, Christus ist das Licht der Welt. Er bringt Licht und Leben in die Finsternis. Und zwar ganz gründlich. Als Kinder haben wir das Beresinalied gelernt: «Unser Leben gleicht der Reise eines Wandrers in der Nacht». Es singt von der Dunkelheit von Nächten und Zeiten im Leben – aber es weiß: «morgen scheint die Sonne wieder.» Nur Finsternis ist mehr als Dunkelheit. Der Kontrast könnte nicht größer sein zwischen der Feststellung Gottes am Ende der Schöpfung: «und siehe, es war sehr gut!» (Gen 1,31) und dem finsteren Kampf der Kulturen.

Die Bibel nennt die Ursache dafür: Mensch wendet sich ab von Gott! Er  spielt selber Gott und folgt den eigenen Plänen nach.

Die Bibel bekennt aber auch die Rettung: Jesus Christus ist das Licht der Welt, das den Menschen das Leben hell macht: in seinen Worten und Taten und mit letzter Deutlichkeit in der Auferstehung, wo Gott über die finstere Macht des Todes triumphiert.

Darum das Jesuswort: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern das Licht des Lebens haben. Da steht kein Konjunktiv «würde» oder könnte das Licht des Lebens haben». Es gilt, wer ihm nachfolgt, hat das Licht des Lebens. Es ist eben keine erworbene Eigenschaft, sondern eine verliehene Qualität.

Von da aus verstehen wir plötzlich das Wort aus der Bergpredigt neu: Ihr seid das Licht der Welt! – nicht so, daß wir verkrampft brennen müßten, sondern so, daß wir leuchten lassen, was für uns scheint. Vielleicht war es manchmal nötig, mit erhobener Faust sich zu wehren.  Im Unterschied zur kämpferisch geballten Faust jedoch spricht das Licht eine ganz andere Sprache: die Kerzenflamme, die still und beständig leuchtet, gibt Licht und Orientierung und lädt ein, Hektik und Angst abzulegen. Das wird gut sein, wenn die Christenheit von «der Welt», von den andern Kulturen so wahrgenommen wird. Oder wie die Stadt auf dem Berge. Sie ist unübersehbar. Sie besteht aus verschiedenen Häusern, aber sie wirkt als Ganzes: Hoffentlich einladend als ein guter Ort und eine gute Art zu leben.

Das Licht gehorcht einem ganz einfachen Gesetz. Man kann es fast nicht speichern und aufbewahren. Die Schildbürger haben das mit ihren lächerlichen Versuchen, Licht in ihr fensterloses Rathaus zu bringen, gezeigt. Mit Gesetz des Lichtes meine ich die Einheit vom Empfangen und Weitergeben. Es will weiterleuchten, es will reflektiert werden: So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, daß sie eure guten Werke sehen und euren Vater der in den Himmeln ist, preisen.

Das wäre kein schönes, sondern ein seltsames oder abscheuliches Werk, das uns selbst preist. Hingegen wären das die besten Christen, die beste christliche Kirche, die das von ihrem Herrn leuchtende Licht am klarsten, ungetrübtesten und eindeutigsten reflektieren. Das heißt: bei dem man am deutlichsten wiedererkennt, woher es stammt.

Wir brauchen also keine Angst zu haben in der Begegnung der Kulturen. Wir können die imperialistischen, abendländischen Ambitionen aufgeben: Es geht nicht um unser Reich, oder unsere Kraft, sondern um seine Herrlichkeit.

Vielleicht denken jetzt einige unter uns: was ist das schon? Wir sind zuwenige, es nützt nichts! – Sag nicht es ist zuwenig. Sag nicht es nützt nichts. Denn das Licht kommt von Jesus Christus! Wir rechnen mit der verändernden Kraft der Gegenwart Gottes auch in der Begegnung der Kulturen.

Was erwartet er von uns? - Daß wir still werden, daß wir unsere Hände falten und sagen: Herr, wir wissen, daß wir in der Finsternis leben, wir sehnen uns zutiefst nach Licht - Gib uns heute und morgen, gib uns in den tausend Dunkelheiten dieser Welt dein Licht. Und laß es immer heller leuchten.

Amen

Pfr. Mathias Rissi

 

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