11. Februar 2007 Gottesdienst in Meilen  
Predigt Pfr. Mathias Rissi   Phil 4:4-7  Philipper 4,4-7

Von David. Lobe den HERRN, meine Seele,
und was in mir ist, seinen heiligen Namen!
Lobe den HERRN, meine Seele,
und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat:
der dir alle deine Sünde vergibt
und heilet alle deine Gebrechen,
der dein Leben vom Verderben erlöst,
der dich krönet mit Gnade und Barmherzigkeit Psalm 103, 1-4



Liebe Gemeinde

Das ist ein ganz gutes Rezept für christliche Lebenseinstellung.
Man wirft den Christen vor, sie nähmen das Leben säuerlich ernst. Das Leben wimmle bei uns nur so von Geboten und Verboten, von »du mußt« und »du darfst nicht!« Wer so denkt, bekommt jetzt eine Nachhilfestunde beim König David höchstpersönlich. Ganz in seinem Sinne und diesem Psalmwort nachempfunden haben wir vorhin schon im Lied von Paul Gerhardt uns gefragt: »Sollt ich meinem Gott nicht singen, sollt ich ihm nicht dankbar sein?«

Wir lehren unsere Kinder, daß sie sich im Leben die Sachen nicht einfach nehmen dürfen, sondern »Bitte!« sagen sollen, und genauso »Danke!« - Wie warm wird mir ums Herz, wenn einige wenige Jugendliche am Ende eines Lagers »Danke villmal« sagen oder das mit einem SMS noch nachholen.
Dies nicht zu vergessen, müssen wir vielleicht gelegentlich in einem Selbstgespräch in Erinnerung rufen.

So beginnt der Psalm mit dem Danken – mit einem Selbstgespräch!
Es kommt vor, daß Menschen ein Selbstgespräch führen. Wenn etwa beim Autofahren ein Fußgänger unachtsam die Straße betritt oder der Vordermann bei grün nicht gleich losfährt. Ich habe mich auch schon dabei ertappt, wie ich bei der Erinnerung an ein fröhliches Erlebnis laut gesprochen und dann sogar laut gelacht habe.
David führt ein Selbstgespräch und wir haben seine Worte übernommen:
Lobe den Herrn, meine Seele, alles was in mir ist, seinen heiligen Namen.
Also Gott loben sollen wir, mit unseren Liedern und Worten, mit unserer Seele, dem Wesen und der ganzen Persönlichkeit.
David sagt gar: alles was in mir ist! Jenen Menschen war es noch fremd, Leib und Seele von einander zu trennen, so wie man Trester und Schnaps voneinander trennt. Das hat die griechische Antike dem Christentum aufgepfropft und bis in die Neuzeit hat sich das gehalten. Aber Leib und Seele gehören zusammen. Wir wissen das wieder. Darum heißt es: alles was in mir ist. Also lobe den Herren, meine Seele, mit meinem Willen, meinen Gedanken, meinem Gemüt, meiner Leber und Bauchspeicheldrüse. Sie sind irritiert? – Das Lob kommt nicht nur über unsere Lippen. Die Augen, die andern Sinne, der ganze Mensch mit seiner ganzen Kraft will Gott loben.

David konnte es gut, das Lob singen. Seine Gebete und Gesänge von vor 3000 Jahren sind bei Juden und dann auch uns Christen bekannt, wie keine andern – Paul Gerhardt ist da ganz in seiner Spur gewandelt. David ist ein Meister des Lobens. Trotzdem ermahnt sogar er sich im Selbstgespräch! Ja, beim Loben – da haben wir auch Selbstgespräche nötig

Ich will jetzt mit dem Psalm drei Ermahnungen oder Ermunterungen weitergeben:
Zuerst: Vergiß nicht! – Sei kein schußliger Mensch, der das Wichtigste vergißt. Ach, mir wird heute noch Wind und Weh, wenn ich an jene vergessene Taufe denke: In Wil, meiner ersten Gemeinde, hatte ich seinerzeit jeden Sonntag auch noch einen zweiten Gottesdienst. Ich kam also eines Sonntags vom ersten, fuhr wohlgemut zum Kirchlein von Wasterkingen, da erblicke ich an der Kirchenecke einen Kinderwagen – ach du Schreck! Ich hatte die Taufe völlig vergessen, wußte nicht einmal mehr den Namen der Eltern oder des Kindes. So verdattert war ich, dabei hatte ich sie doch noch am Mittwoch besucht! Waren es Spühlers oder Rutschmanns…? Natürlich fand die Taufe dann schon statt, aber ich mußte erst nach dem Namen fragen - so etwas peinliches!
Sei nicht schußlig! Vergiß das Loben nicht! – Lob bringt Freude und Ermutigung. Kinder brauchen Lob, Männer und Frauen brauchen Lob, Politiker, Krankenschwestern, Hausfrauen, Lehrer, Zahnärztinnen ja auch Pfarrer brauchen Lob. Und irgend etwas zum Loben wird sich doch immer finden lassen. Mit Loben erreichen wir eben viel mehr als mit Schimpfen und Zurechtweisen.
Aber braucht Gott solches Lob? – Wohl kaum!
Im Hebräischen steht an dieser Stelle »barak«, das kann loben heißen, aber auch segnen. Die englischen Bibeln haben hier: bless the Lord. Für uns klingt das etwas ungewohnt, ist aber leicht verständlich: Wenn Gott uns segnet, dann wendet er seine Aufmerksamkeit, sein Antlitz, uns zu. Umgekehrt bedeutet also Gott loben: Gott erkennen und Gott anerkennen als den, der er ist. Alle Geschöpfe Gottes tun das. Sie entfalten sich nach dem Willen Gottes, die Pflanzen, die Tiere. Sie tun nichts anderes, als Gott Raum zu geben. Die ganze Natur gibt Gott recht – der einzige Ort, wo das nicht passiert, das sind wir Menschen. Wir tun uns schwer damit, wir blenden Gott aus. Wir sind Schwerenöter, erst recht wenn es ums Loben geht.
Darum ist es David so wichtig, daß alles einstimmen muß ist Lob.
Lobe den Herrn meine Seele, und alles was in mir ist, seinen heiligen Namen!
Den Namen Gottes loben – der uns seit Jesus Christus noch viel deutlicher und klarer bekannt ist

Das zweite ist … was er dir Gutes getan! – Wir sind oft nachtragend. Noch jahrelang können Menschen an einem widerfahrenen Unrecht nagen. Für das Böse haben wir ein blendendes Gedächtnis. Nun müssen wir das Böse aber nicht verdrängen. Ich halte nicht viel von der Theorie des positiven Denkens. Ich finde es am Anfang ja schön und gut. Aber mit der Zeit muß das krampfhafte Verdrängen des Bösen doch ungemein viel Kraft kosten. Bei Gott ist es erlaubt an Not und Verderben zu denken. Und wenn einer das weiß, dann David. Er hat viel Schlechtes erlebt: von Saul, von seinem Sohn Absalom, Verrat unter seinen engsten Freunden. Aber nicht das ist ihm wichtig, sondern: Der dir deine Sünde vergibt. Darum kann er nicht mehr an das erlittene Unrecht denken – er denkt an seine Blutschuld, an den Mord an Uria, an den Ehebruch – und er weiß: Alles vergeben!!!
Nicht wahr, wir haben noch viel klarere Sicht, weil wir den Namen Gottes mit dem Namen Jesus Christus verbinden. Er ist Gottes Vergebung und Versöhnung für uns.
David kann gar sagen: Der dir all deine Schuld vergibt und alle deine Gebrechen heilt!
Alle? – Wir haben doch auch schon für Menschen um Heilung gebetet, für eine Arbeitstelle und um Versöhnung – und es ist nicht eingetroffen. Wirklich alle Gebrechen? Ja, alle. David denkt eben weiter, er hat einen ganz weiten Horizont.
Es ist wahr, daß auch heute vor allem mit Hilfe der Medizin aber auch außerhalb davon Wunder und »Reparaturen« möglich sind. David ist aber mehr noch einer Zukunft Gottes gewiß! Wo die Gelähmten springen wie der Hirsch und die Blinden sehen! Oder wie es im letzten Buch im Neuen Testament heißt: Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu!

Und schließlich: Denk nicht nur an das Gute, das Du erfahren hast. Es ist zweifellos schön, aber es vergeht. David jedoch erwartet noch etwas viel stärkeres: der dein Leben vom Verderben erlöst und dich krönt mit Gnade und Barmherzigkeit. Er vertraut darauf, nicht nur als König eine Krone zu tragen. Die Königskrönung ist nichts verglichen mit der Krönung mit Gnade und Barmherzigkeit.
Du bist ein gekröntes Haupt! Das heißt: Gott hat dein Leben in die Hand genommen. Dein Leben steht in seinem Dienst. Es ist darum etwas Heiliges. Und Du wirst aus dieser tiefen Dankbarkeit das Leben geheiligt leben, im Sinne Gottes. Denn es ist gekrönt mit Gnade und Barmherzigkeit.
Es gibt jene Anekdote, welche der Deutschlehrer gerne zitierte, wenn es um die Kommas ging. Der Minister, der jeweils dem König die Gnadengesuche vorlegte, hatte bei einem zum Tode verurteilten empfohlen: »Todesstrafe, nicht Gnade!«, aber eben das Komma vergessen. Der König hat es gelesen, das fehlende Komma bemerkt und eingetragen: »Todesstrafe nicht, Gnade!« Durch Jesus Christus ist Dein Komma bei Gott richtig gesetzt
Gnade und Barmherzigkeit werden uns folgen ein Leben lang. Oder wie wir mit Paul Gerhardts Lied dann singen werden: »Alles Ding währ seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.«

Amen
 

 

Pfr. Mathias Rissi

 

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