30. September 2012 - Erntedankgottesdienst in Niederweningen  
»Säg danke! - Sag danke!«
Predigt Pfr. Mathias Rissi   Phil 4:4-7  Philipper 4,4-7

Lobe den HERRN, meine Seele, und alles, was in mir ist, seinen heiligen Namen.
Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat.  

Psalm 103,1-2

Liebe Gemeinde

Säg danke! – Eltern zischeln es ihren Kindern zu, wenn sie eine Schoggi bekommen haben, Weihnachten – säg danke, schreib einen Brief an die Gotte und an die Großeltern

Ehrlich gesagt – ist es nicht ein bißchen peinlich, dieses »Sag danke!« Und dann haben wir es eben gesagt… auf Kommando.
Und nun kommt auch noch die Kirche damit. Ist sie im Grunde doch die »alte Tante« geblieben, die den Moralzeigefinger hochhält?

»Sag danke!« erinnert uns daran, wie oft wir selber unser Kinder auf’s Danken haben schubsen müssen. Dabei wissen es doch alle, Eltern und Kinder, dass gedankt werden muß.

Heute am Erntedanktag hören wir auf die Worte des großen Königs David auf den dieser Psalm zurückgeht. Er sagt zuerst: Lobe den Herrn, meine Seele: gib Gott die Größe!

Das sollten wir uns unbedingt sagen lassen, denn unsere Welt funktioniert ganz anders: Wir nehmen uns, was wir wollen! Wer zahlt befiehlt! Und dementsprechend verhalten sich die Menschen, wir eingeschlossen. Wir danken nicht mehr, weil wir meinen, es sei unser Recht! – dabei ist das meiste im Leben alles andere als selbstverständlich

Und genau darum muß es gesagt sein. »Sag danke!« Für die Arbeit in Feld und Stall, die gelungen ist, für die Gesundheit, die es zu dieser Arbeit brauchte.

Ich bin überzeugt: wer dankbar lebt, hat eine ganz andere Lebensqualität. Wer danken kann, so richtig von Herzen und absichtslos danken kann, hat mehr vom Leben.

Warum? – Werfen wir dazu einen Blick in die Kulturgeschichte. Frühere Generationen kannten das noch nicht: Es herrschte eine Untertanenmentalität vor. Der Erntedank wurde während Jahrtausenden als Opferfest gefeiert. Die Ahnen wollten Gott mit dem Opfer auch künftig gnädig stimmen. Und darum gab es immer einen Grund zum Opfern. War die Ernte gut, dann hatte die Gottheit das Opfer verdient. War die Ernte schlecht, so sah man dies als göttliche Strafe an. Das verlangte um so mehr nach einem Opfer, um den göttlichen Zorn zu mildern.
Heute erleben wir zwar auch noch Mißernten und Versorgungsnöte. Aber darin erkennen wir nicht mehr eine göttliche Strafe. Die modernen Strafen sind unsere Gier und Spekulation.
Ich merke: Wer nicht danken kann, ist gefangen im uralten Schema von Belohnung und Strafe.

Später haben es die Menschen gemerkt: man kann Gott nicht mit Opfern kaufen, ja, man kann ihn gar nicht kaufen.
Schon der Psalmdichter des 103. Psalmes denkt so: »Lobe den Herrn meine Seele und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat!«

Am Anfang haben die Christen nicht mehr geopfert, sondern aus einer Haltung der Dankbarkeit gelebt! Paulus kann etwa in Römer 12 sagen: Die Christen sollen Leben und ihre Talente als Dank einsetzen. Es war seine große Erkenntnis, daß menschliche Dankbarkeit die einzige angemessene Antwort auf Gottes geschenktes Ja zu uns Menschen sei.

Aber immer wieder droht der Rückfall in einen Kuhhandel mit Gott. Auch diese Erkenntnis von Paulus wurde in der Kirchengeschichte sehr rasch beiseite geschoben, damit skrupellose Kirchenleute gute Profite erwirtschaften konnten: Sie züchteten wieder das schlechte Gewissen und forderten Lösegelder ein – ein Spiel mir der Angst.

Wie anders ist das Lebensgefühl aus Dankbarkeit: Pfarrer Ernst Sieber hat gerne erzählt, dass das erste Wort seiner Tochter »Halleluja« gewesen sei. Bei unsern Kindern hat das leider nicht geklappt. Sie habe, wenn Banane-Apfelbrei aufgetischt wurde oder Schokopudding Halleluja gequietscht. Zum Geburtstagsgeschenk ein Halleluja, aber auch wenn sie in ein Pfütze fiel: Halleluja! Oder wenn die Heizungsrechnung im Briefkasten lag: Halleluja! (Halleluja heißt übrigens »Lobpreiset den Herrn«) – schön, wer das kann: in allen Lebenslagen die Gnade Gottes erkennen und preisen.

Halten wir fest:
Unter Menschen, wie auch gegenüber Gott, ist Dankbarkeit ein Zeichen der Wertschätzung. So danken wir Gott für das Leben und die Lebensmittel. Wir danken für Schaffenskraft und Ideenreichtum. Wir danken für die Menschen, die uns umgeben und die Menschen, die die Lebensmittel anbauen, ernten, verarbeiten und verteilen. Und das kann man wohl sagen: Uns geht’s global betrachtet gut!

Wie könnten wir aber auch dann Gott danken, wenn das Leben uns herausfordert, wenn es nicht rund läuft? Ehrlich gesagt – wir wissen alle, daß man nicht ewig Erfolg haben kann. Die Vergänglichkeit ist eine Grundbedingung aller Kreatur.

Der Psalmdichter rät:: Vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat!
In Christus entdecken wir Gott noch anders als nur einen Fruchtbarkeitsgott, dem man die Ernte dankt. Wir entdecken Gott, der sich uns zuwendet, der das Licht seiner Gegenwart in die Schatten unseres Lebens bringt.

Der Mensch lebt nicht von Kalorien allein, sondern von den Wärmeeinheiten dieses Herrn, die vom Kreuz ausgehen.
Und gerade hier geschieht das Größte: In Christus hat Gott selber sich an unsere Seite gestellt, an Deine und an meine Seite. Er wurde verletzlich, um unsere Verletzlichkeit anzunehmen, und uns die Gewißheit und den Trost seiner Nähe zu geben.

Und das Andere, das Unanschauliche: das Neuwerden, das neue Leben, das er gegen den Tod proklamiert – das wollen wir uns zusprechen lassen und vertrauen.

Ja, es ist wahrlich Grund genug, Gott zu preisen und zum Danken:
Lobe den HERRN, meine Seele, und alles, was in mir ist, seinen heiligen Namen.
Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat.   Amen

 

Pfr. Mathias Rissi

 

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Evang.-ref. Kirchgemeinde Niederweningen